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Unsere Forschungsexperten

Dr. Ralph Lange

Leiter Strategisches Portfolio Robotik und Chief Expert für Systems- und Software-Engineering in der Robotik

Mir gefällt an der Robotik vor allem die breite Themenvielfalt: Von mechanischen und sensorischen Aufgabenstellungen, über eine breite Palette an Software- und KI-Themen bis hin zu sozialen und ethischen Fragestellungen der Mensch-Roboter-Kollaboration.

Dr. Ralph Lange im Robotik Bereich des Bosch Forschungscampus in Renningen, Deutschland.

Ich bin vom Studium her kein Robotiker, aber nur wenige Monate nach meinem Start bei Bosch Research im Jahr 2013 habe ich die Gelegenheit genutzt, gemeinsam mit zwei Kollegen das erste Projekt im Bereich Softwaretechnik für die Robotik ins Leben zu rufen. Seitdem bin ich geradezu süchtig nach Robotik! Ich habe mehrere Projekte zu Software-Grundlagen für Robotik geleitet (z. B. Navigation, Echtzeit, Microcontroller, autonomes Entscheiden). Und ich habe unsere Open-Source-Beiträge zu ROS koordiniert. Im Mai 2023 wurde mir die Leitung des Forschungsbereichs Robotik anvertraut. Es ist ein großes Privileg für mich, mit so vielen hochkarätigen Robotik-Forscherinnen und -Forschern von Bosch-Niederlassungen auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten.

Erzählen Sie doch mal: was fasziniert Sie an der Forschung?
Als Forschende haben wir nicht nur die Möglichkeit, uns fortlaufend mit den neuesten technologischen Ansätzen zu befassen, sondern auch völlig neue Wege zu beschreiten, menschliches Wissen ein Stück weiter voranzubringen und komplett neue Technologien zu entwickeln. Von besonderer Bedeutung ist für mich die interdisziplinäre Zusammenarbeit, in der völlig neue Ansätze zu wichtigen Problemen erforscht werden können. In der industriellen Forschung kann ich eng mit Universitäten (und anderen öffentlichen Forschungseinrichtungen) zusammenarbeiten und gleichzeitig bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen entscheidend mitwirken. Diese direkte Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis fasziniert mich besonders.

Was macht die Forschung bei Bosch besonders?
An erster Stelle das extrem breite Spektrum an Forschungsthemen. Ich verabrede mich regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen zum Mittagessen, um mich über ganz unterschiedliche Forschungsfelder zu informieren. An zweiter Stelle steht die Möglichkeit, völlig neue Produktideen zu erforschen. Mitunter gibt es dafür nicht einmal einen passenden Geschäftsbereich – wir pitchen unsere Idee dann auf unserer internen Start-up-Plattform.
Nun speziell zum Forschungsbereich Robotik: Bosch ist kein Robotik Unternehmen im engeren Sinne, verfügt aber dennoch über ein einzigartig breites Robotik-Produktportfolio. Wir bieten Robotikprodukte für Endkunden, agieren als Zulieferer und Anbieter von Engineering-Dienstleistungen im Bereich professioneller Robotik und bieten sogar Robotiklösungen für industrielle Anwendungen. Die Forschung zu einem derart breiten Produktportfolio und die Nutzung technologischer Synergien zwischen diesen sehr unterschiedlichen Bereichen ist für Robotiker eine einzigartige Gelegenheit, die bei kaum einem anderen Unternehmen in der Welt zu finden ist.

Woran forschen Sie bei Bosch?
Mein Team und ich konzentrieren uns derzeit insbesondere auf die mobile Robotik und das Handling in der Fertigung, z. B. beim Materialfluss von Logistikzentren zum Einsatzort und umgekehrt. In diesem Bereich tragen wir gezielt zu Produkten und Software-Lösungen von Bosch Rexroth bei.
Zu den Forschungsthemen, an denen wir arbeiten, zählen unter anderem: Verständnis von 3D-Szenen mithilfe generativer KI, Wahrnehmung von Menschen, Greifen, einfaches Einlernen von Handling-Aufgaben, anpassbare Navigation und Steuerung von Robotern anhand natürlicher Sprachbefehle.
Für Roboterflotten erforschen wir Multi-Agent Path Finding (MAPF) in besonders dynamischen Umgebungen. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit für die Robotik spezifischen Forschungsfragen in der System- und Softwaretechnik, wie z. B. der Verifikation von Entscheidungsprozessen durch autonome Roboter. Herausragend ist in diesem Zusammenhang die enge Zusammenarbeit mit der Open-Source-Community rund um das Robot Operating System (ROS).

Was sind die größten wissenschaftlichen Herausforderungen in Ihrem Forschungsfeld?
Ein weitgehend ungelöstes Problem in der Robotik ist die Sicherheit bei engen Interaktionen zwischen Mensch und Roboter. Natürlich gab es in den letzten zwei Jahrzehnten große Fortschritte, insbesondere durch den Aufstieg von Cobots. Aber wir sind noch weit entfernt von Robotern, die bei gefährlichen Aufgaben oder großen Kräften sicher und eng mit dem Menschen zusammenarbeiten können, so wie man es mit einem menschlichen Kollegen tun würde.
Eine zweite, eher neue Herausforderung ist die Robustheit von GenAI-basierten Robotersystemen. Generative KI eröffnet völlig neue Anwendungsmöglichkeiten, da die Roboter während der Entwicklung nicht mehr für bestimmte Situationen trainiert werden müssen. Sie haben zweifellos viele beeindruckende Videos besonders von humanoiden Robotern gesehen, die auf einer solchen KI basieren. Gleichzeitig betonen viele Forschende, dass die Ergebnisse von generativer KI (z. B. ChatGPT) immer mit gesundem Menschenverstand überprüft werden müssen. Die Frage ist, wie ein autonomer Roboter selbst einschätzen kann, wie sicher oder unsicher er in seinem Wissen und seinen Entscheidungen ist, und wie er mit angemessener Vorsicht handeln kann.
Und natürlich sind diese beiden Fragen eng miteinander verknüpft.

Wie werden Ihre Forschungsergebnisse zu „Technik fürs Leben“?
Die Vereinten Nationen erwarten, dass sich das weltweite Bevölkerungswachstum verlangsamt und die Bevölkerung in den 2080er Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Die Tatsache, dass die Weltbevölkerung nicht unermesslich wächst, ist natürlich gut. Dies bringt jedoch viele Herausforderungen für die Gesellschaft mit sich. Eine besonders große Herausforderung ist der Arbeitskräftemangel, der in vielen Industrieländern bereits erhebliche Probleme verursacht. Wenn wir als Gesellschaft sicherstellen wollen, dass in Zukunft genügend Personal für den Sozial-, Bildungs- und Pflegebereich zur Verfügung steht, müssen wir die meisten anderen Bereiche viel stärker automatisieren. Der Schlüssel dazu ist die Robotik.

Lebenslauf

Seit 2023
Leiter des Portfolios Robotik bei Bosch Research

Seit 2022
Chief Expert für Systems- und Software-Engineering in der Robotik

2013 – 2022
Forschungsingenieur und Senior-Projektleiter von mehreren Projekten im Bereich Softwaretechnik für Robotik und mobile Robotik bei Bosch Research

2010 – 2012
CAD/CAM-Softwareentwickler bei TRUMPF Werkzeugmaschinen

2005 – 2010
Promotion zum Thema „verteilte kontextbezogene Systeme“ an der Universität Stuttgart

Dr. Ralph Lange neben dem ACTIVE Shuttle, einem wichtigen Forschungsbereich im Robotik Portfolio der Bosch Forschung.

Ausgewählte Publikationen

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Fernández et al. (2024)

STARK: A Unified Framework for Strongly Coupled Simulation of Rigid and Deformable Bodies with Frictional Contact
  • José Antonio Fernández, Ralph Lange, Stefan Laible, Kai Oliver Arras, Jan Bender
  • Proc. of IEEE Int'l Conf. on Robotics and Automation (ICRA 2024), Yokohama, Japan
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Belsare et al. (2023)

Micro-ROS
  • Kaiwalya Belsare, Antonio Cuadros Rodriguez, Pablo Garrido Sánchez, Juanjo Hierro, Tomasz Kołcon, Ralph Lange (corresponding author), Ingo Lütkebohle, Alexandre Malki, Jaime Martin Losa, Francisco Melendez, Maria Merlan Rodriguez, Arne Nordmann, Jan Staschulat, Julian von Mendel
  • Anis Koubaa (ed.) Robot Operating System (ROS): The Complete Reference (Volume 7), Springer, pp. 3–55
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Blass et al. (2021)

Automatic Latency Management for ROS 2: Benefits, Challenges, and Open Problems
  • Tobias Blass, Arne Hamann, Ralph Lange, Dirk Ziegenbein, Björn B. Brandenburg
  • Proc. of 27th IEEE Real-Time and Embedded Technology and Applications Symposium (RTAS 2021)
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Lange et al. (2020)

Integrating the Functional Mock-Up Interface with ROS and Gazebo
  • Ralph Lange, Silvio Traversaro, Oliver Lenord, Christian Bertsch
  • Anis Koubaa (ed.) Robot Operating System (ROS): The Complete Reference (Volume 5), Springer, pp. 187–231
Ralph Lange spricht darüber, wie man das Robot Operating System (ROS) auf Mikrocontroller bringt

Ralph schreibt für den Bosch Research Blog. Hier sein neuster Beitrag:

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Dr. Ralph Lange
Leiter Strategisches Portfolio Robotik und Chief Expert für Systems- und Software-Engineering in der Robotik

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