Feine Schnüffelnase für weniger Abgase – die Bosch Lambda-Sonde
Heutige Autos mit Verbrennungsmotoren sind ohne Lambda-Sonde nicht mehr denkbar. Erst diese unscheinbare Komponente ermöglicht den Betrieb von 3-Wege-Katalysatoren, die heutigen strengen Abgasgesetzen gerecht werden – das wäre ohne diese Technik unmöglich gewesen.
Bosch gehört zu den Pionieren der Abgasreinigung – und gilt als Erfinder der Lambdasonde. Erklärungen sind bei solcher Technik oft etwas spröde, aber sie helfen zu verstehen, warum die Technik so gut funktioniert. Angelpunkt der Lambda-Sondentechnik ist der sogenannte Lambdawert 1. Er wird erreicht, wenn im Kraftstoffgemisch das Verhältnis 14,66 Kilogramm Luft zu einem Kilogramm Kraftstoff vorliegt und dieses Gemisch vollständig verbrannt wird.
In der Regel wird dieses Verhältnis im Motor jedoch ohne korrigierenden Eingriff nicht erreicht. Er produziert Schadstoffe, nämlich Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe bei Kraftstoffüberschuss oder Stickoxide bei Sauerstoffüberschuss. Selbst wenn das Verhältnis stimmt, kommt es doch immer wieder zu unvollständigen Verbrennungen, durch die alle drei Schadstoffe über den Auspuff in die Umwelt gelangen.
Funktion des Katalysators in diesem Zusammenhang ist die Nachverbrennung der durch die unvollständige Verbrennung entstehenden Abgase. Funktion der Lambda-Sonde ist es, den Sauerstoffgehalt in den Verbrennungsprodukten zu messen, bevor diese auf dem Weg ins Freie den Katalysator erreichen. Denn die geforderte 90-prozentige Reduktion der Abgase ist nur dann möglich, wenn die Sonde abweichende Abgaszusammensetzungen erkennt, diese Information an die Motorsteuerung (Zündung und Einspritzung) weitergibt und somit für die nötigen Korrekturen im bereitgestellten Gemisch sorgt.
Anfänge der Lambda-Technik
Die Ursprünge der Lambda-Technik gehen bis ins Jahr 1889 zurück, als Professor Walther Nernst, späterer Nobelpreisträger für Chemie, mit der „Nernst'schen Gleichung“ thermodynamische Gesetzmäßigkeiten entdeckte, ohne welche die heutige Lambda-Technik nicht möglich wäre.
Für die Robert Bosch GmbH nahm die Beschäftigung mit diesem Thema 1968 Gestalt an, als man die für die Lambda-Sonde erforderliche Technik zur Sauerstoffmessung bei der Bleischmelze für die Batteriefertigung einsetzte.
Dieses Know-how sollte sich bewähren, als die Umweltbehörden der USA 1970 scharfe Abgasgesetze ankündigten. Bei Bosch erkannte man die Zeichen der Zeit und startete Versuche mit Lambda-Sonden zur Gemischregelung. Auch Kenntnisse aus anderen Produktbereichen flossen ein: Das Wissen um die Fertigung hitzebeständiger Keramik in der Zündkerzenproduktion ermöglichte den Einsatz von tauglichen Werkstoffen, denn die Sonden mussten Abgastemperaturen von bis zu 1 000 Grad Celsius standhalten.
Der Weg zur Serienreife
Die Vorentwicklung begann mit der Erprobung von Fremderzeugnissen. Diese Versuche zeitigten jedoch fatale Ergebnisse: Nur eine Stunde überstanden die getesteten Sonden. Bis zur Marktreife gab es noch viel zu tun.
Im Herbst 1971 konnten erste Exemplare aus eigener Produktion getestet werden. Entmutigendes Ergebnis: Gerade zwei Stunden hielten die Labormuster den Belastungen stand. Schuld waren verschiedene thermische Probleme. Doch damit nicht genug: Die geringe Haltbarkeit der eingesetzten Elektroden forderte eine umso höhere Standfestigkeit ihrer leidgeprüften Entwickler. 1975 erreichte man schließlich 250 Stunden Standzeit, entsprechend einer Fahrleistung von 20 000 Kilometern.
Die zweite Generation
Kunde für den ersten Serieneinsatz war der schwedische Hersteller Volvo, der seine 240er/260er Reihe für den US-Markt mit Bosch Lambda-Sonden ausrüstete. Die Wirkung war enorm: Angesichts der geringen Schadstoffwerte, die auch zukünftigen strengeren Gesetzen standhalten würden, vereinbarte der US-Hersteller Ford mit der Robert Bosch GmbH 1977 einen Liefervertrag über drei Millionen Stück pro Jahr.
Bis 1982 wurde eine neue Variante zur Marktreife entwickelt, die einen entscheidenden Vorteil bot. Sie war beheizbar und dadurch in der Lage, bereits 30 Sekunden nach Start des kalten Motors zuverlässig zu arbeiten. Gleichzeitig verdoppelte sich ihre Standzeit durch diesen geschickten Eingriff auf rund 160 000 Kilometer. Grund für diese Verbesserung: Das Problem der Empfindlichkeit der zunächst kalten Sonde gegenüber den heißen Abgasen war entschärft, die Sonde nach der Drehung des Zündschlüssels umgehend auf 400 Grad Celsius erhitzt.
Break Even
Dank dieser Neuerung konnte Bosch seine Marktposition ausbauen. 1986 lief die 10-millionste Sonde vom Band, und man erreichte den "Break-even-Point": Die hohen Investitionen der frühen Jahre hatten sich endlich rentiert. Im Januar 1993 konnte bei Bosch die 50-millionste Lambda-Sonde gefeiert werden. Im Mai 2008 war es die 500millionste, und 2016 die Nummer 1.000.000.000.
Autor: Dietrich Kuhlgatz