Zum Hauptinhalt springen
Forschung

Die Uhren drehen sich hier schneller als an vielen anderen Orten der Welt

An den drei Forschungsstandorten in Nordamerika, Sunnyvale, Pittsburgh und Watertown, forscht Bosch Research an Technologien für morgen und übermorgen.

Bosch Research entwickelt an seinen US-Standorten Technologien, wie hochsensible Sensoren zur elektronischen Analyse von DNA.

Blauer Himmel, Sonne pur, Palmen: Das ist die Westküste Kaliforniens, das ist Sunnyvale, USA. Eine Stadt in der Nähe von San Francisco, mitten im Silicon Valley. Die Heimat von Apple, Microsoft, Google. Und nur wenige Autominuten entfernt vom Bosch Research and Technology Center, das sich intensiv mit Zukunftsthemen wie künstlicher Intelligenz (KI), Halbleiter, Wasserstoff und Medizintechnik beschäftigt.

Der Bosch Research Forschungscampus in Sunnyvale, Kalifornien.
Der Bosch Research Forschungscampus in Sunnyvale, Kalifornien: Ein Zentrum für Innovation und Technologie im Herzen des Silicon Valleys.

Seit Oktober 2023 verantwortet Stefan Knoll die drei Forschungszentren in Nordamerika an den Standorten Sunnyvale, Watertown und Pittsburgh und damit die US-Standorte von Bosch Research. Vor 25 Jahren begann er seine Karriere als Entwicklungsingenieur im Bereich Bremssysteme bei Bosch in Schwieberdingen, weitere Stationen in den Bereichen Mobility und User Experience folgten. Jetzt steht er vor den großen Glasscheiben seines Büros in Sunnyvale und blickt in die Weite des Silicon Valleys. „Die Uhren drehen sich hier schneller als an vielen anderen Orten der Welt“, sagt er. „Durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz entstehen in kürzester Zeit zukunftsrelevante Technologien und Produkte. Und an unseren Forschungszentren gestalten wir diese aktiv mit.“ Insgesamt arbeiten an den Standorten in Nordamerika 140 Forscherinnen und Forscher, davon 90 am Campus in Sunnyvale.

Forschung und Entwicklung zusammen denken

Stefan Knoll, Vizepräsident und Leiter von Bosch Research in Nordamerika
Stefan Knoll verantwortet die drei Forschungszentren in Nordamerika.

An jedem der Standorte hat das umliegende Ökosystem eine führende Position in bestimmten Industrien und Märkten eingenommen. „Das Silicon Valley und Kalifornien sind führend in den Bereichen künstliche Intelligenz, Halbleiterchipdesign, Vernetzung, molekulare Diagnostik und grüne Technologien“, erklärt Knoll. „Darum haben wir mit unseren Talenten und unseren Aktivitäten hier den Finger am Puls der Zeit.“

Die Forschungsteams arbeiten eng mit verschiedenen Bosch-Geschäftsbereichen zusammen. Beispielsweise mit Crossdomain Computing Solutions an der Integration von KI und Generative AI (GenAI) in Fahrerassistenzsysteme. Gemeinsam treiben sie in Sunnyvale Themen wie kartenloses Fahren und Einparken mithilfe von Video voran. Auch mit Bosch Ventures findet ein Austausch statt: Die Bosch Forschung unterstützt dabei, Start-ups als potenzielle Investitionsobjekte zu bewerten. Und bei der Halbleitertechnik entwickeln die Forscherinnen und Forscher gemeinsam mit Bosch Sensortec MEMS-Sensoren und anwendungsspezifische integrierte Schaltkreise (ASICs).

„Die Fachexpertise unserer Expertinnen und Experten ist beeindruckend“, sagt Knoll. „Sowohl in der Wissenschaft und Forschung, aber auch in der Entwicklung von Produkten. Die Menschen sind motiviert, sie wollen neue Dinge auf die Straße bringen.“ Dabei sei besonders die Geschwindigkeit bemerkenswert. „Bei der Entwicklung von Softwarelösungen sehen wir durch die fortschreitende Digitalisierung oft schon nach wenigen Tagen Ergebnisse. Es geht darum, Kunden schnell Lösungen zu bieten, denn der Wettbewerb schläft nicht.“

Entscheidungen schneller vor Ort treffen

„Der Hotspot für künstliche Intelligenz und Digitalisierung auf der ganzen Welt liegt im Silicon Valley“, erklärt Knoll. „Erfolgreich ist, wer schnell handelt und etablierte Dinge und Prozesse neu denkt. Darum brauchen wir hier Fachleute und müssen Entscheidungen schnell hier vor Ort treffen können.“ Aktuell liege der Fokus an den Standorten auf der Forschung, aber es müsse auch die Entwicklung stärker vor Ort stattfinden. „Ich verstehe Bosch nicht als deutsches Unternehmen mit globaler Ausprägung, sondern als globales Unternehmen mit deutschen Wurzeln“. Nur mit diesem Verständnis könne Bosch die besten Talente gewinnen, die lokalen Kundenanforderungen bedienen und die neuesten Themen vorantreiben.

Eine Reihe erfolgreicher Produkte und Services von Bosch haben ihren Ursprung in Sunnyvale. Beispielsweise verschiedene Designs für ASICs, die seit einigen Jahren bei Mobility Electronics und Bosch Sensortec produziert werden. Zu den Endprodukten gehört unter anderem ein Beschleunigungssensor für Fahrzeuge. Hunderte von Millionen der verbauten Chips wurden inzwischen produziert. Auch das Perfectly Keyless, ein schlüsselloses Zugangskontrollsystem für Fahrzeuge, fand seinen Anfang in Sunnyvale. Das Projekt wurde 2019 mit dem Bosch Innovation Award ausgezeichnet und konnte zahlreiche Automobilhersteller als Kunden gewinnen.

Im Folgenden gibt Bosch Research einen Überblick über Projekte, an denen Beschäftigte im Research and Technology Center in Sunnyvale aktuell arbeiten und stellt die Personen hinter der Forschung vor.

Diagnostik revolutionieren

Gabrielle Haddon-Vukasin verbringt ihren Arbeitsalltag zu großen Teilen im chemischen Labor in Sunnyvale. Die Expertin für Sensorik hat an der Stanford Universität in Kalifornien im Bereich Maschinenbau promoviert. In dieser Zeit hat sich ihr Wunsch verstärkt, im Gesundheitswesen zu arbeiten. Kurzerhand begann sie 2020 ein Praktikum im Bereich Medizintechnik bei der Bosch Forschung in Sunnyvale. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mein Wissen als Maschinenbauingenieurin auch bei Biosensoren und Bioelektronik anwenden kann“, erinnert sie sich. Inzwischen ist sie fester Teil des Teams und forscht mit Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen BioMEMS, Chemie und Biologie an einem Sensor zur elektronischen Analyse von DNA. Ziel ist es, eine große Bandbreite an Krankheitserregern noch schneller und direkt am Point of Care, also beispielsweise in einer Arztpraxis, diagnostizieren zu können.

: Gabrielle Haddon-Vukasin, Forscherin bei Bosch Research, entwickelt hochsensible Sensoren zur elektronischen Analyse von DNA.
Gabrielle Haddon-Vukasin entwickelt hochsensible Sensoren zur elektronischen Analyse von DNA.

„Oft läuft Diagnostik noch so ab, dass Proben in ein Labor geschickt werden und erst nach Tagen bis Wochen die Ergebnisse vorliegen“, erklärt sie. „Unser Ziel ist es, dass diese Ergebnisse innerhalb von Stunden vorliegen. Wir möchten auf diese Weise in Zukunft Viren, Bakterien und Krebs identifizieren.“ Hierfür entwickelt das Team hochsensible Sensoren, die die menschliche DNA in Echtzeit analysieren können. Die Entwicklung ist sehr aufwändig und das Forschungsprojekt umfasst zahlreiche wissenschaftliche Herausforderungen. Perspektivisch könnten diese Sensoren in neuen Generationen der Bosch Vivalytic-Plattform eingesetzt werden.

Wasserstofftechnologie optimieren

Lei Cheng, Bosch Research, forscht an der Optimierung von Wasserstofftechnologien.
Lei Cheng forscht am Forschungscampus an der Optimierung von Wasserstofftechnologien.

Der Arbeitsalltag von Lei Cheng dreht sich um Wasserstoff. Der Experte in Elektrochemie und Materialwissenschaften arbeitet seit sieben Jahren am Bosch Research Forschungscampus. Er forscht an der Wasserstoffbrennstoffzelle und dem Wasserstoffelektrolyseur, also dem Gerät, das Wasser mit Hilfe von Strom in seine Grundkomponenten Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Bosch hat 2022 verkündet, in das Geschäftsfeld der Wasserstoff-Elektrolyse einzusteigen und einzelne Komponenten zu entwickeln. Dazu gehört beispielsweise der Stack, ein Stapel mehrerer Hundert einzelner Zellen. „Es geht darum, die Lebensdauer eines Elektrolyseurs einzuschätzen und zu optimieren. Das bedeutet wir liefern Forschungsergebnisse, um den Kunden zuzusichern, dass sie das Gerät über diesen Zeitraum betreiben können“, erklärt der Ingenieur.

Erste Schätzungen gehen davon aus, dass ein Elektrolyseur mehrere 10 000 Betriebsstunden leisten kann, was vielen Jahren Dauerbetrieb entspricht. Um die Lebensdauer des Produkts genau hervorsagen zu können, entwickelt Cheng mit seinem Team ein umfassendes Verständnis der Schädigungsmechanismen mittels neuer Methodiken: Sie arbeiten mit einer miniaturisierten repräsentativen Probe des Elektrolyseurs und führen verschiedene Experimente und Simulationen durch. „Wir wollen verstehen, wie die Zellen mit der Zeit altern, wie sich die Materialien verhalten und wie sich der Aufspaltungsprozess des Wassers verändert“, erklärt Cheng. Für diese Szenarien erstellt das Team Modelle und Datensätze – und entwickelt Ansätze, wie die Produktlebensdauer durch Anpassungen einzelner Komponenten und Betriebsstrategien verlängert werden kann. Dieser Ansatz zur Vorhersage der Produktlebensdauer lasse sich auch auf andere Produkte und Anwendungen übertragen.

Assistiertes Fahren vorantreiben

David Paz Ruiz sitzt in einem Testfahrzeug in der Werkstatt des Forschungscampus Sunnyvale. Auf einem Display analysiert er die Daten der vergangenen Testfahrt. Neben ihm sitzt sein Kollege Arun Das, Ingenieur im Bosch-Geschäftsbereich Crossdomain Computing Solutions. Gemeinsam arbeiten sie an einer Software für assistiertes Fahren, die ohne externe hochauflösende Karten auskommt. Derzeit brauchen Fahrzeuge diese detaillierten Karten, um navigieren zu können. Doch sie sind teuer in der Erstellung, Wartung und ständigen Aktualisierung. „Wenn es auf der Strecke eine neue Baustelle gibt, muss das auf der Karte aktualisiert werden“, erklärt Paz. „Das ist mit enormem Aufwand verbunden. Darum arbeiten wir an einem kartenlosen System.“ Das Fahrzeug soll mit integrierten Kameras Videobilder erfassen und daraus in Echtzeit eigene Karten erzeugen. KI unterstützt auch dabei, das Verhalten in verschiedenen Verkehrssituationen vorherzusagen und Fahrentscheidungen zu empfehlen.

Bosch Research entwickelt KI-Modelle für vorausschauende Fahrzeugnavigation in städtischen Umgebungen.
David Paz Ruiz (links) und Arun Das entwickeln KI-Modelle für vorausschauende Fahrzeugnavigation in städtischen Umgebungen.

Die entwickelten Modelle stellen die komplexe Infrastruktur in den Städten nach. „Fußgänger, Ampeln, mehrspurige Kreisverkehre, all diese Szenarien muss ein Fahrzeug kennen und entsprechend darauf reagieren.“ Diese Informationen sind notwendig, um die Interaktionen zwischen den Verkehrsteilnehmenden vorherzusagen, beispielsweise, was fünf oder zehn Sekunden nachdem ein Fußgänger auf den Bürgersteig geht, passieren könnte. Die KI lernt auf Basis der gesammelten Daten ständig dazu und soll dabei helfen, künftig durch den Straßenverkehr zu navigieren.

Weitere Informationen zu den Forschungszentren in Nordamerika

Die Teams an den Bosch-Forschungsstandorten in Nordamerika arbeiten eng zusammen und betreuen gemeinsame Projekte in den Bereichen Batterie, Thermoelektrik und neuerdings auch Brennstoffzellen und Elektrolyse. Der Campus in Watertown ist der kleinste Forschungsstandort in Nordamerika. Dort konzentrieren sich Beschäftigte auf atomistische Simulation, also darauf, wie Atome miteinander interagieren. Deren Wechselwirkung spielt bei der Entwicklung neuer Materialien, Fertigungsprozesse und Systeme eine wichtige Rolle. Im Campus in Pittsburgh stehen Software, Cybersicherheit und künstliche Intelligenz im Fokus.

Teile diese Seite auf