Krisen in der Unternehmensgeschichte
„Wir im Hause Bosch aber müssen die Zähne zusammenbeißen …“
Weltkriege, Finanzmarktturbulenzen, veraltete Fertigungsmethoden, fehlende strategische Neuausrichtungen – immer wieder gab es Krisen in der Geschichte von Bosch. Und sie waren immer unterschiedlich: mal umfassend und existenzbedrohend, mal begrenzt und doch belastend. Die Ursachen lagen oft außerhalb des Unternehmens, so dass der unternehmerische Handlungsspielraum stark eingeschränkt war. Aber auch hausgemachte Probleme führten zu schwierigen Geschäftssituationen. Bosch nutzte die Krise stets als Chance zur nachhaltigen Verbesserung. Fokussierung und Innovation waren oft die Folge. Der ständige Wandel, gesellschaftlich wie technologisch, sicherte das weitere Fortbestehen des Unternehmens.
Anfangsschwierigkeiten
„Böses Gewürge…“
Robert Bosch auf seinem Niederrad, 1890
Schon wenige Jahre nach Unternehmensgründung erlebte Bosch im Jahr 1892 eine Existenzkrise. Auslöser waren Zahlungsschwierigkeiten eines wichtigen Kunden gepaart mit fehlender Liquidität bei Bosch. Denn ganz im Sinne heutiger Start-Ups hatte Bosch auf neue Technologien gesetzt, wollte elektrische Dienstleistungen und Produkte entwickeln. Allein die Grundvoraussetzung ließ auf sich warten: Der Stuttgarter Gemeinderat entschied sich zunächst gegen den Bau eines Elektrizitätswerks. Damit konnte sich der Markt nicht entwickeln, mit Folgen für die junge Industrie. Die Anzahl der Bosch-Beschäftigten sank von 24 auf nur noch zwei. Am Rande der Insolvenz lieh sich Robert Bosch Geld von seiner Mutter und nahm mit Bürgschaften der Familie einen Kredit auf. Das Durchhalten lohnte sich – 1893 wurde endlich der Bau des Elektrizitätswerkes beschlossen, zwei Jahre später nahm es den Betrieb auf. Damit kamen auch die Installationsaufträge und der Erfolg bei Bosch zurück.
„Was ich in jener Zeit gelitten habe …“ – Streik im Hause Bosch
Es dauerte etwa 20 Jahre bis die nächste Krise das Unternehmen erschütterte. Sie wurde durch einen Streik ausgelöst. Ausgangspunkt war die Kündigung von acht Arbeitern, darunter ein Vertrauensmann des Deutschen Metallarbeiter Verbandes (DMV), im März 1913. Nach rückläufigen Aufträgen waren die Personalmaßnahmen notwendig geworden Es folgte ein unangekündigter Streik, dem Bosch mit Drohungen für weitere Entlassungen entgegnete. Dies war der Beginn einer wochenlangen Auseinandersetzung zwischen Unternehmensführung auf der einen und Arbeitnehmern und Gewerkschaften auf der anderen Seite. Der DMV rief eine ‚Betriebssperre‘ aus, in der keiner mehr für Bosch arbeiten sollte. Robert Bosch kündigte im Gegenzug alle vormals getroffenen Vereinbarungen. Ein weiterer Streik folgte, den Robert Bosch mit der Schließung der Werkhallen in Stuttgart und Feuerbach, einer Aussperrung von rund 3 700 Arbeitern, im Juni beantwortete. Bosch, der soziale Unternehmer, fühlte sich unverstanden. Der Konflikt dauerte wider Erwarten fast zwei Monate.
Zwar setzte sich Robert Bosch durch und blieb bei den alten Bedingungen, doch machte er großen finanziellen Verlust. Zudem war das Betriebsklima sehr belastet: „Schlimmer war nur der Zwiespalt, der in der Belegschaft eingerissen war dadurch, daß wir Streikbrecher geschaffen hatten. Dieser Zwiespalt schwand erst wieder in dem unseligen Kriege, ein Jahr später. Ein großer Triumpf war der Ausbruch des Streiks in meinem Werk für alle jene Unternehmer, die mich angefeindet hatten […].“ – fasste Bosch in seinen Lebenserinnerungen zusammen. Der „rote Bosch“, wie er bis dahin von anderen Unternehmern genannt wurde, trat ernüchtert in den Metall-Arbeitgeberverband ein. Damit änderte er seine Strategie im Miteinander: Die Gewerkschaft musste von nun an mit dem Arbeitgeberverband verhandeln und konnte nicht mehr auf ihn direkt zugehen. Die eigentliche Ursache für die Auseinandersetzung war jedoch eine große innerbetriebliche Veränderung.
Denn seit der Jahrhundertwende hatte sich der kleine Handwerksbetrieb zum aufstrebenden Produktionsunternehmen gewandelt. Der Umsatz stieg exponentiell, ebenso die Beschäftigtenzahl. Die Betriebsbindung nahm mit den vielen neuen Mitarbeitern ab, da es immer weniger langjährige Mitarbeiter gab und Robert Bosch nicht mehr mit allen seinen rund 4 500 Arbeitern persönlich bekannt war. Nur langsam passte das Unternehmen die Führungsstrukturen an und zog eine mittlere Managementebene ein. Damit war die persönliche Ansprache der Mitarbeiter wieder möglich. Die neuen Fertigungsmethoden wie der Taylorismus, waren bei den Arbeitern sehr unbeliebt. Sie bekamen bei höherem Arbeitstempo den gleichen Lohn, was viele als Arbeitshetze empfanden. Das Unternehmen jedoch musste mit dem Fertigungsfortschritt mithalten, um konkurrenzfähig zu bleiben.
„… ohne aber den Ruf zu verlieren“ – Masse statt Klasse
In den 1920er Jahren geriet das Unternehmen in die nächste große Krise. Ursache waren die Folgen des Ersten Weltkriegs, die Inflation sowie interne Strukturprobleme. Noch vor dem Krieg hatte das Unternehmen 92 Prozent seines Umsatzes im Ausland erwirtschaftet, rund 25 Millionen Reichsmark. Dieser Umsatz war nun nicht mehr vorhanden. Außerdem war das gesamte Auslandsvermögen beschlagnahmt worden. Die Grundstücke, Gebäude, Patente und Marken waren ebenfalls verloren. „Unser Markt ist früher die Welt gewesen, und wir können in unsrer jetzigen Ausdehnung nur bestehen, wenn unsere Erzeugnisse wieder im Weltmarkt Aufnahme finden.“ – hieß es im Geschäftsbericht von 1919. Mühsam knüpfte man wieder an die Vorkriegszeit an.
Eigentlicher Auslöser war eine Krise im Automobilgeschäft: Ford und GM boten preisgünstige kleinere Autos an, die in großen Serien gefertigt wurden, während deutsche Hersteller den Trend zum Kleinwagen verpasst hatten und die Fertigungsmethoden veraltet waren. Die Automobilhersteller gaben den Wettbewerbsdruck an die Zulieferer weiter, so dass auch Bosch handeln musste. Dieses strukturelle Problem sowie fehlende Innovationen machten weitreichende Veränderungen notwendig.
Als erstes nahm Robert Bosch persönlich beim Zukunftsprojekt Dieseleinspritzpumpe das Heft in die Hand, das Ende 1927 in Serienproduktion ging. Zudem startete Robert Bosch eine systematische Innovationsplanung. Der nächste Schritt war die Einführung der Fließfertigung 1925. Sie machte die Produktion schneller. Grundlegend in das Selbstverständnis der Boschler griffen allerdings folgende Änderungen ein, die Robert Bosch im Bosch-Zünder 1926 beschrieb: „Nach langen Überlegungen haben wir uns entschlossen, dem Drängen unserer Kunden, die ganz billige Wagen bauen wollen, so weit entgegenzukommen, als dies möglich ist, ohne unsere Erzeugnisse in ihren Leistungen zu verschlechtern. Wir im Hause Bosch aber müssen die Zähne zusammenbeißen und müssen uns bemühen, namentlich auf dem Wege über billigere Konstruktionen und rationellste Erzeugnisse den Markt zu behalten, ohne aber den Ruf zu verlieren […].“
Eine weitere Maßnahme zur Liquiditätssicherung und Modernisierung der Fertigung, war die Aufnahme von Krediten. Zusätzlich wurde der Vorstand neu gegliedert und stärker betriebswirtschaftlich statt technisch ausgerichtet. Der Ausbau der Auslandspräsenz wurde geplant und sollte das Unternehmen breiter aufstellen. Gleichzeitig aber kam es zu breit angelegten Entlassungen: zwischen September 1925 und September 1926 wurden rund 5.600 Mitarbeiter entlassen – nahezu die Hälfte der Belegschaft. Die Boschgemeinschaft und damit das Selbstverständnis der Boschler war zutiefst erschüttert, der sichere Arbeitsplatz war Vergangenheit.
Erst Ende 1928 konnte Bosch an seinen schwedischen Vertreter Fritz Egnell schreiben: „Wir haben jetzt wieder festen Boden unter den Füßen […].“ Auf Ende 1927 war die Belegschaft wieder um rund 4.000 Mitarbeiter gestiegen. Im Rückblick stufte der damalige Vorstand die Jahre 1924 bis 1928 als zweite schöpferische Periode der Unternehmensgeschichte ein, in der „Fortschritt, Verbilligung und Erweiterung der Anwendungsgebiete“ im Vordergrund standen. Dieser Wandel war notwendig, denn von der Weltwirtschaftskrise 1929 wurde die Automobilindustrie überdurchschnittlich stark getroffen: 1932 sank die PKW-Produktion auf 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 1928. Bei Bosch ging Mitte 1930 der Inlandsumsatz um 25 Prozent zurück, der Auslandsumsatz um 15 Prozent. Wieder kam es zu Entlassungen, Gehälter wurden gekürzt und Kurzarbeit eingeführt, um möglichst viele Arbeiter im Unternehmen zu halten. Nach der ersten Welle wurde außerdem durch eine Reihe von Firmenübernahmen ebenso wie durch die Einrichtung neuer Produktionszweige weiter diversifiziert, um das Unternehmen breiter und damit krisenfester aufzustellen. Aus der Fusion mit der Eisemann AG 1926 ging die Elektrowerkzeugsparte hervor. 1929 gründete Bosch mit Partnern die Fernseh AG. 1932 ergänzte die Übernahme der Gasgerätefertigung von Junkers das Produktportfolio, 1933 folgte der erste Bosch-Kühlschrank und ein Jahr später kam die Film- und Kameratechnik dazu. Zudem wurde ein lang angelegter Ideenwettbewerb für neue Geschäftsmöglichkeiten initiiert.
„ … fast unüberwindbaren Schwierigkeiten erlegen“ – Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
Der Beginn des Zweite Weltkriegs brachte das Unternehmen nicht in finanziellen Nöte. Als kriegswichtiger Betrieb glich die Rüstungsproduktion die weggebrochenen Auslandsumsätze nahezu aus. Für die Menschen bei Bosch bedeutete der Weltkrieg jedoch eine Lebenskrise: Männer wurden zum Kriegsdienst eingezogen, mindestens 1 365 von ihnen starben im Krieg. Gleichzeitig unterdrückten die Nationalsozialisten mit ihrem Terror nicht nur die eigene Bevölkerung, sondern auch Zwangsarbeiter, die verschleppt und in der deutschen Industrie unter teilweise unwürdigen Arbeitsbedingungen eingesetzt wurden. Der große Einbruch kam für das Unternehmen gegen Ende des Krieges, als viele Fertigungsanlagen zerstört wurden. Mit der Kapitulation musste Bosch die Produktion einstellen, fast alle Arbeiter verloren ihre Stelle. Zudem war das gesamte Auslandsvermögen beschlagnahmt und die Auslandsmärkte blieben dem Unternehmen auf absehbare Zeit verschlossen.
Als Konsequenz aus der nationalsozialistischen Zeit gab es viele Turbulenzen menschlicher und geschäftlicher Art zu bewältigen. Im Geschäftsbericht 1946 ist über diese Zeit zu lesen: „Wir wären den fast unüberwindbaren Schwierigkeiten erlegen, wenn nicht der weitaus größte Teil unserer Betriebsangehörigen im Gefühl der gemeinsamen Aufgabe vom ersten Tag ab uns in vorbildlicher Weise unterstützt hätte. Ob es sich um Trümmerbeseitigung, um Rückverlagerung unserer Abteilungen und Werkstätten, um Wiederaufbau der vernichteten Fertigungs- und Verwaltungsunterlagen oder der zerstörten Anlagen handelte […].“
„Nach Jahren des ungebrochenen Wirtschaftswachstums …“ – das Ende des „Wirtschaftswunders“
Bereits 1948/49 setzte mit der Währungsreform jedoch in Westdeutschland ein wirtschaftlicher Aufschwung unerwarteten Umfangs ein: In Westeuropa begann die Zeit des uneingeschränkten Wirtschaftswachstums, der „Wirtschaftswunderjahre“, die fast 20 Jahre anhalten sollte.
Diese Zeit fand mit dem Konjunktureinbruch von 1966 sein Ende. Statt des langen ungebremsten Aufschwungs kam eine Periode rascher Konjunkturwechsel und heftig schwankender Wirtschaftszyklen. Das war eine neue Entwicklung, mit der alle Unternehmen in Deutschland umzugehen lernen mussten. Erste Gegenmaßnamen gingen als „Oktober-Revolution“ in die Bosch-Geschichte ein: Investitions- und Bauvorhaben wurden gestoppt, die Gemeinkosten gesenkt, keine weiteren Mitarbeiter eingestellt, Überzeit verboten und die Umsatzbeteiligung der höheren Lohngruppen um 10 Prozent gekürzt. Entlassungen sollten vermieden werden.
In den darauffolgenden Jahren intensivierte die Geschäftsführung erneut die bewährten Krisenstrategien Internationalisierung, Diversifizierung und Expansion des Unternehmens. Zudem passte sie die Unternehmensstruktur der Größe an: seit 1946 hatte sich die Mitarbeiterzahl von rund 9 500 auf rund 84 000 Mitarbeitern 1967 vervielfacht. Mehr Dezentralität und mehr Handlungsspielraum für die Geschäftsbereiche war notwendig, um kundenorientierter und wettbewerbsfähiger zu werden. Ein Verbund aus selbstständig handelnden Geschäftsbereichen entstand. Rein rechtlich waren sie weiterhin Teil der Robert Bosch GmbH.
Bereits im Geschäftsbericht für das Jahr 1967 berichtete Bosch über ein befriedigendes Geschäftsergebnis – die Krise war überwunden.
Erst 1973, mit der 1. Ölkrise, und 1979/80, mit der 2. Ölkrise, gab es erneute Umsatzeinbrüche infolge von Konjunkturkrisen. In dieser Zeit reagierte Bosch mit dem sogenannten 3S-Programm „sicher, sauber, sparsam“ und der am 15. Januar 1973 erlassenen ersten eigenen Umweltschutz-Richtlinie, in der ökologische Themen festgeschrieben wurden.
„Das verkraftet die Organisation nicht …“ – die Krise von 1993
Die Ursachen der Krise von 1992/93 waren teilweise hausgemacht. Vorausgegangen war ein Boom, der in erster Linie durch die Sonderkonjunktur der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten hervorgerufen wurde. Bosch hatte in dieser Zeit zu wenig unternommen, um die Kosten zu senken. Denn Preiserhöhungen waren stets möglich gewesen, so dass die Herstellungskosten nicht relevant waren. Dies änderte sich jedoch mit dem Ende der Sonderkonjunktur. Marcus Bierich hatte bereits 1987 vor „gravierenden Strukturverschiebungen in der Weltautomobilindustrie“ gewarnt. Das massive Vordringen der japanischen und koreanischen Automobilhersteller auf dem Weltmarkt fiel mit dem Überschreiten des Höhepunkts der Automobilkonjunktur zusammen. Deren massiver Einbruch in Europa im zweiten Halbjahr 1992 entfachte einen harten Preiswettbewerb, in dem Bosch gegenüber vielen Konkurrenten einen Preisnachteil hatte und Aufträge verlor. Um den Geschäftseinbruch zu kompensieren, wurden harte Maßnahmen umgesetzt, da man zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte einen Betriebsverlust fürchtete. Dazu gehörte Kurzarbeit für 20 000 Betriebsangehörige in Deutschland ebenso wie Vorruhestandsregelungen und Aufhebungsverträge für rund 13 000 Menschen.
Die Folge war eine nie dagewesene Demonstration am 26. April 1993 von 11 000 Mitarbeitern vor der Unternehmenszentrale: „Es war eigentlich ein unvorstellbarer Vorgang für Bosch, dass dies jemals passiert. […] Man hat nicht genügend beachtet, wie stark sich die damals getroffenen Entscheidungen auf die Einkommen der einzelnen Mitarbeiter auswirken und für einen einfachen Lohnempfänger waren die Einkommenskürzungen erheblich. […] Und es hat ja lange, sehr lange gedauert, bis wieder ein vernünftiges Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmervertretung da war“ – erinnert sich Franz Fehrenbach, ehemaliger Vorsitzender von Bosch-Geschäftsführung und -Aufsichtsrat. Folge war unter anderem, dass Marcus Bierich als Vorsitzender der Geschäftsführung zurücktrat. Hermann Scholl rückte an seine Stelle. Auch der Arbeitsdirektor in der Geschäftsführung, Günter Bensinger, wurde durch Tilman Todenhöfer ersetzt. Darüber hinaus wurde die Zahl der Geschäftsführer um vier auf zehn gesenkt.
Die harten Maßnahmen zeigten Erfolg, allerdings zum Preis eines beschädigten Vertrauensverhältnisses zwischen Geschäftsführung und Belegschaft.
„Den Wert der Kommunikation erstmal richtig erkannt“ – die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09
Die nächste tiefgreifende Krise in der Unternehmensgeschichte kam erst rund 15 Jahre später. Anlass und Ursache war die Immobilien- und Finanzkrise in den USA, der Geschäftsbericht beschreibt: „Das Geschäftsjahr 2008 […] schloss mit deutlichen Rückgängen in allen Bereichen […]. Der konjunkturelle Umschwung kam weltweit so abrupt und so massiv, wie wir das kaum zuvor erlebt haben. […] Für unsere Mitarbeiter sind damit auch Härten verbunden. Unser oberster Grundsatz bleibt aber, Beschäftigungsschwankungen durch flexible Arbeitszeitgestaltungen so weit wie möglich aufzufangen […].“
Die Maßnahmen bestanden aus einer zweiwöchigen Betriebsruhe in den Werken zum Jahreswechsel 2008/9, der Absenkung der Zeitkonten und der Wochenarbeitszeit auf 31,5 Stunden und zuletzt auch Kurzarbeit (Ende April 1993 waren es 93 000 Mitarbeiter, 58 000 in Deutschland). Führungskräfte und Geschäftsführer erhielten zwei Jahre lang keine Gehaltserhöhung und ihr Bonus fiel geringer aus. Entscheidend war, dass man aus 1992/93 hinsichtlich der Führungs- und Mitarbeiterkommunikation gelernt hatte, erinnert sich Franz Fehrenbach: „Dann haben wir viel mehr kommuniziert […]. Wir haben angefangen mit Telefonkonferenzen, die es vorher nicht gab [...]. Wir haben die [Zahl der] Mitarbeiterbriefe erhöht […], da sind wir viel offener geworden und haben auch den Wert der Kommunikation neu erkannt.“
Neben innovativen Erzeugnissen trugen auch die Akquisitionen wie Rexroth und Buderus zur Erholung bei. Die strategische Ausrichtung bestätigte sich, auch die Steigerung des internationalen Umsatzanteils von 49 (1993) auf 75 Prozent (2008) brachte Vorteile. Gleichzeitig wurden wichtige Zukunftsthemen im Hinblick auf mehr Energieeffizienz, Ressourcenschonung und Umweltschutz vorangetrieben. Es handelte sich jedoch nicht um eine Strukturkrise, die eine Neuausrichtung notwendig machte. Und so kam die Wende denn auch früher als erwartet im September 2009. Bis Ende des Jahres waren jedoch immer noch 28 500 Mitarbeiter in Kurzarbeit, 27 000 weitere Beschäftigte in verkürzter Arbeitszeit und bis Ende des Jahres im Ausland 10 000 Arbeitsplätze weniger als im Vorjahr.
Die Krise mit den bewährten Stärken bewältigen
In einer neuen Dimension von Krise befindet sich das Unternehmen seit 2020. Eine nie dagewesene Kombination aus Strukturkrise, deren Wirkung bereits 2019 zu erkennen war, und der lebensbedrohlichen Corona-Pandemie kam zusammen. Im April 2020 begann die Geschäftsführung mit liquiditätssichernden Maßnahmen wie Kurzarbeit, die ab August dann teilweise in Arbeitszeitreduzierung umgewandelt wurde und der Erweiterung von Kreditlinien.
Bei rückblickender Betrachtung der Krisen in der Geschichte des Unternehmens ist zu erkennen, dass sich die Strategien zur Überwindung ähneln. Und dies, obwohl Auslöser und Ursache variierten. Die wichtigen Faktoren wie Internationalisierung, Erweiterung der Geschäftsfelder, Verbreiterung der Produktpalette und innovative Fertigungsmethoden waren der Schlüssel zur erfolgreichen Bewältigung. Bereitschaft zur Veränderung in einer sich wandelnden Welt und die Orientierung an den Bosch-Werten sind Grundprinzipien.