Co-Leadership bei Bosch
Yvonne Reckling und Dr. Stefan Ferber, Co-CEOs Bosch Digital
Eine Führungsposition, mehrere Führungskräfte – das ist die Idee von Co-Leadership. Dass für den Erfolg dieses Modells weitaus mehr als Aufgabenteilung nötig ist, wissen Stefan und Yvonne, Co-CEOs bei Bosch Digital.
Die Arbeitswelt verändert sich und Unternehmen müssen Wege finden, auf den Wandel zu reagieren. Notwendig ist dafür oft ein Umdenken in Hinblick auf gewohnte Hierarchien und konventionelle Führungsmodelle. „Co-Leadership” ist eines dieser Modelle, das Antworten auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt geben kann: In einer geteilten Führungsrolle beruhen Entscheidungen und Arbeitsprozesse auf verschiedenen Perspektiven, doppelter Lebens- und Berufserfahrung, mehr Wissen, Kapazität und Flexibilität.
Für Yvonne und Stefan ist diese Art zu führen kein Modell der Zukunft, sondern Alltag: Sie teilen sich die Geschäftsleitung bei Bosch Digital, wo Bosch Aktivitäten rund um das Internet der Dinge gebündelt hat. Entscheidend für den Erfolg von Co-Leadership sind für die beiden vor allem ein gemeinsames Führungsverständnis und Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Euer Bereich wird seit seiner Gründung 2020 in der Co-CEO-Konstellation geführt. Wie habt ihr euch am Anfang aufeinander eingespielt?
Stefan: Wir haben uns einen Tag lang in einem Kreativraum eingeschlossen und unser „Organisations-Manifest“ verfasst. Darin haben wir unsere gemeinsame Vorstellung festgelegt, was uns in Bezug auf die Themen Führung und Menschenbild wichtig ist. Natürlich haben wir auch viele Gespräche mit anderen geführt, um uns in Bezug auf unser Führungsmodell, unsere Kundenorientierung und Agilität inspirieren zu lassen. Aber auch, um über Vorbehalte und Machbares in unserer neuen Organisation zu sprechen. Ein großer Vorteil für unseren Start war, dass wir beide bereits praktische Erfahrung mit agiler Führung und agiler Organisation hatten und somit auch ein sehr ähnliches Führungsverständnis: Wir sind keine Co-CEOs, die einfach sagen, wo es langgeht. Wir verstehen uns vielmehr in der „dienenden Führungsrolle“, die auf den Sinn unserer Arbeit sowie die intrinsische Motivation und das Können unserer Kolleginnen und Kollegen aufbaut.
Was ist im Alltag wichtig, damit gemeinsame Führung gelingt?
Yvonne: Zwei Menschen bringen natürlich auch zwei Persönlichkeiten und verschiedene Führungsstile mit. Was aber in jedem Fall essentiell ist, ist dasselbe Verständnis von Führung. Außerdem ist ein gewisses Fingerspitzengefühl wichtig, um zu wissen, wann ich alleine entscheide und wann ich den anderen ins Boot hole. Zu Beginn wussten unsere Führungskräfte zum Beispiel nicht, ob sie sich an uns beide oder nur einen wenden sollen – das hat sich jetzt ganz gut eingespielt. Wenn die Co-CEOs offen sind, nicht zu sehr an der eigenen Meinung hängen und immer die beste gemeinsame Lösung finden wollen, funktioniert die Zusammenarbeit.
Stefan: Die Chemie muss stimmen. Es heißt nicht umsonst „Co“-CEO. Wir sind ein Team und gehen wertschätzend miteinander um, indem wir als gleichwertige Partner auftreten und unsere unterschiedlichen Fähigkeiten nutzen. Wir sprechen offen über Meinungsverschiedenheiten und finden eine gemeinsame Lösung – immer mit dem Ziel, die beste Entscheidung für die Organisation und unsere Kundinnen und Kunden zu treffen.
Wie teilt ihr euch Aufgaben und Verantwortlichkeiten?
Yvonne: In meiner Rolle als Chief Business Officer bin ich verantwortlich für den Vertrieb, kommerzielle Prozesse, Finanzen, Personal & Organisation, Marketing & Kommunikation, Projektabwicklung und Beratung. Mein Hauptjob ist es, Probleme zu lösen und Barrieren aus dem Weg zu räumen, sodass unser Team gut arbeiten kann. Zu mir kommen Kolleginnen und Kollegen, wenn etwas nicht gut läuft oder nicht funktioniert. Zu meinem Job gehört aber auch, den Kundinnen und Kunden zuzuhören, um zu verstehen, wie wir ihnen helfen können und was sie brauchen.
Stefan: Durch unser Führungstandem kann ich mich nun stärker auf die Technologie-Themen konzentrieren. In meiner Rolle als Chief Technology Officer bin ich daher zum Beispiel für Produktentwicklung und -Betrieb, Portfolio Management, die Qualitätsorganisation und unsere eigene IT verantwortlich.
Viele Bereiche betreffen aber uns beide: zum Beispiel unsere Strategie, die Organisationsentwicklung, Projekte mit hoher Bedeutung und die Einstellung von Führungskräften. In unserer Zusammenarbeit geben wir außerdem Impulse, um Themen und Trends anzugehen, damit diese sich in der Organisation durchsetzen. Dazu zählt auch, Informationen so aufzubereiten und zu kommunizieren, dass wir Entscheidungen gut gemeinsam treffen können.
Ist das Konzept von Co-CEOs ein Modell der Zukunft?
Yvonne: Durch das gemeinsame Führen werden Probleme und Themen automatisch von verschiedenen Seiten angeschaut. Wenn man differierende Perspektiven als etwas Gutes akzeptiert und sich gegenseitig respektiert, kann das sehr wertvoll sein. Das Konzept von Co-CEOs ist somit für mich ein super Modell, aber nicht unbedingt für jeden und jedes Team geeignet. Eine klassische, hierarchische Organisation muss sich in Hinblick auf veränderte Rollenbilder erst entwickeln. Man benötigt einen Geschäftsbereich wie Bosch Digital, der auch einen Vorteil aus der Verzahnung des Business- und Technologie-Aspekts ziehen kann.
Stefan: Bosch Digital (ehemals Bosch.IO) wurde 2020 aus spezialisierten IoT- und Digitalteams von Bosch und aus der ehemaligen Bosch Software Innovations gegründet. Wir kombinieren das „AI" (Artificial Intelligence) mit dem „I“ und dem „T" des IoT (Internet of Things). Auf Basis unseres breiten Produktportfolios treiben wir das AIoT-Geschäft von Bosch sowie die digitale Transformation im Unternehmen voran. Gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden entwickeln wir strategische Ideen und setzen diese in die Praxis um. Dafür vereinen wir AIoT Geschäftsprozess-, Technologie- und Projektkompetenz und begleiten durch alle Projektphasen – von der Geschäftsmodelldefinition über den „technischen Durchstich“, hin zur Implementierung und dem Betrieb. Das wirklich Besondere sind allerdings unsere Menschen und Teams, die in zunehmender Eigenverantwortung täglich komplexe Probleme lösen. Dazu gehören natürlich die fachlichen und technischen Fähigkeiten, aber insbesondere auch die Kollaborationsfähigkeiten in und zwischen agilen Teams. Über diese Kreativität und gemeinsame Leistungsfähigkeit freue ich mich täglich.
Welche Menschen passen in euer Team?
Yvonne: Unser breit aufgestelltes Team aus Digitalisierungs- und AIoT-Expertinnen und -experten umfasst zum Beispiel Beraterinnen und Berater, Software-Entwicklerinnen und -entwickler, Lösungs- und Systemarchitektinnen und -architekten, Projektmanagerinnen und -manager oder UX-Designerinnen und -Designer. Wir stehen für Diversity und legen ein Augenmerk auf Mitarbeitende mit möglichst vielfältigem Hintergrund, haben eine offene, flache Unternehmenskultur und fördern agiles Arbeiten. Unsere Mitarbeitenden-Umfrage hat kürzlich ergeben, dass gegenseitiger Respekt, Vertrauen ineinander und offene Kommunikation die Kultur von Bosch Digital auszeichnen. Mitarbeitende haben bei uns also die Chance, aktiv Neues zu gestalten und Digitalgeschäft im Kontext eines großen Unternehmensverbunds voranzutreiben.
Yvonne Reckling, Co-CEO und CBO Bosch Digital
Yvonne ist seit Januar 2020 Co-CEO und CBO von Bosch Digital. Bereits im Rahmen ihres Economics and Business Administration Studiums an der Universität Hohenheim sammelte Yvonne bei Bosch als Praktikantin, Werkstudentin und Diplomandin Erfahrung. Sie begann ihre Karriere bei Procter & Gamble und war unter anderem Brand Manager für die Marke Wick. 2001 startete Yvonne bei Bosch mit dem Aufbau des Brand Managements von Bosch DIY Power Tools und war danach in verschiedenen Positionen in Strategie, Business Development, Mergers & Acquisitions, Vertrieb und Marketing tätig. Vor ihrer Position als Co-CEO war Yvonne für das zentrale Digital Marketing & Sales Projekt zuständig, das heute ein Teil von Bosch Digital ist, und hat Bosch Cognitive Services mitbegründet – ein Start-up, das jetzt auf der grow Platform beheimatet ist. Sie hat zudem eine zweijährige Ausbildung zum Systemischen Coach abgeschlossen. Ihren privaten Ausgleich findet sie in ihrer Familie und in der Natur: „Meine Freizeit verbringe ich vor allem mit meinem Mann, meinem 17-jährigen Sohn und meinen zwei Shelties. Zudem bin ich viel draußen, besonders in meinem Garten, und gehe oft spazieren. Außerdem koche ich sehr gerne – seit neuestem auch Israelisch.”
Dr. Stefan Ferber, Co-CEO und CTO bei Bosch Digital
Stefan kam im Jahr 2000 zu Bosch und war in verschiedenen Positionen in der Forschung, der Softwareentwicklung und im Produktmanagement tätig. Fasziniert vom Internet der Dinge und dem Wert, den Software für die vernetzte Welt bringt, wechselte der promovierte Informatiker 2009 in das Bosch Software Innovations Team. 2018 wurde er CEO der ehemaligen Bosch Software Innovations und übernahm schließlich Anfang 2020 die Funktion als Co-CEO und CTO bei Bosch Digital. Durch regelmäßiges Training und gelegentliche kleine Softwareprojekte versucht Stefan in der schnelllebigen Software- und Internet-Welt, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Glücklich verheiratet prägt die Familie mit den gemeinsamen drei Kindern seine Freizeit: „Meine Familie bedeutet mir sehr viel. Leider müssen in der Corona-Zeit die sportlichen Aktivitäten wie Badminton kürzertreten. Dafür habe ich das Radfahren und die Fotografie im letzten Jahr neu entdeckt. Und weil unsere Kinder mittlerweile auch mal gut ohne uns auskommen, wandere ich mit meiner Frau fast täglich um den Asperg bei Ludwigsburg.“
Bosch Digital
Bosch Digital vereint alle Kompetenzen von der Beratung bis zur Implementierung von AIoT- und Digital-Projekten. Dabei fokussiert sich das Unternehmen besonders auf Bereiche wie Energie, Gebäude, Industrie, Konsumgüter, Logistik und Mobilität. Das Bosch Digital Team besteht aus 800 Expertinnen und Experten für Vernetzung und digitale Geschäftsmodelle. Interdisziplinäre Kundenteams arbeiten an Standorten in Deutschland, Bulgarien, Japan, China und Singapur. Bosch Digital zeichnet sich durch ein breites Branchen- und Softwarewissen aus, das bereits in mehreren hundert internationalen Digital- und AIoT-Projekten unter Beweis gestellt wurde.