Ni hao, NIO
Mit dem Elektro-SUV ES8 durch Shanghai
Der Stadtverkehr von Shanghai ist ein Härtetest für den Elektro-SUV des Automobil-Start-ups NIO. In nur drei Jahren wurde das Modell ES8 zur Serienreife gebracht. Am Steuer sitzt Cissy Ye, die für NIO Zukunftstechnologien auch von Bosch einkauft. Sie vermittelt die typische Haltung ihrer Generation: Aufbruchsstimmung.
Grau ist etwas Vorübergehendes
Shanghai ist an diesem Morgen der graueste Platz, um sich einen blauen Himmel vorzustellen – und damit auch der richtige für Cissy Ye, um darüber zu sprechen. Denn NIO will nichts Geringeres, als die Mobilität neu zu definieren. Für die Produktion des elektrischen Autos des Start-ups kauft Frau Ye die Technik ein. Es ist das erste seiner Art in China. Die 37-Jährige begreift das Unternehmensziel vor allem als Mission: „Wie oft hat man schon die Gelegenheit, in einer hundert Jahre alten Industrie frisch anzufangen?“ Der gleich im High-End-Segment angesiedelte Start von NIO entspricht dem Verständnis der Digital-Pioniere – beste Technik, höchster Anspruch, grundsätzliche Unerschrockenheit: „Wer gerne für etwas kämpft, hat immer Raum, zu wachsen“, weiß die Managerin.
Unterwegs mit digitaler Assistentin
Das Bedürfnis nach Sicherheit ist im permanenten Verkehr einer 24-Millionen-Metropole groß. Die Sehnsucht nach Komfort auch, denn Staus sind beinahe unvermeidlich. Die E-Mobilität soll das Bewusstsein der Menschen ändern. Für Elektroautos wie das Modell ES8 gibt es nicht bloß grüne Nummernschilder, auch das monatelange Warten auf eine Zulassung entfällt. Bevor die großen internationalen Autofirmen flächendeckend agieren können, ist das junge Unternehmen schon auf dem einheimischen Markt. Dazu bedarf es Experten wie Cissy Ye, die an der Fudan-Universität – einer berühmten Hochschule in Shanghai – ihren MBA-Abschluss gemacht hat. Die Lernkurve, sagt sie, sei in der Autoindustrie nie zu Ende – und müsse immer mit Vollgas genommen werden.
Blue sky coming
Das ist die Bedeutung von NIOs chinesischem Namen „Weilai“. Bosch-Technologien sollen helfen, diesen ehrgeizigen Anspruch zu verwirklichen.
Ein Elektro-SUV erobert Shanghai
Viel Raum, keine Reichweitenangst
Starke Beschleunigung und exzellentes Handling, aber mit sieben Sitzen: der erste Elektro-SUV von NIO bietet höchsten Komfort und steht für einen neuen automobilen Lifestyle. Im Auto ermöglichen über den elektromechanischen Bremskraftverstärker iBooster hinaus etwa 20 Schlüsselkomponenten von Bosch die Fahrt in die Zukunft, vom Antriebsstrang über das Chassis Control System bis zur Karosserieelektronik. Kevin Wang von Bosch China sieht Hersteller NIO als einen der Nummer-Eins-Kunden: „Die Marke vereint Tempo und Potenzial, ihre Zeit ist gekommen.“
Ein weiterer Clou: Mit dem elektrischen ES8 hat das Unternehmen die Reichweitenangst besiegt. An den von NIO entwickelten Power-Swap-Stationen dauert der Akkuwechsel nur ein paar Minuten. Außerdem sind spezielle Kleintransporter mit integrierten Ladestationen unterwegs, die Elektroautos binnen 10 Minuten mit genug Energie für die nächsten 100 Kilometer versorgen. Diese innovative Interpretation der E-Mobility soll potentiellen Käufern von elektrischen Fahrzeugen die Angst vor zu geringen Reichweiten nehmen.
Drei Fakten
Stark im Kommen
Auf 160 Millionen Fahrzeuge schätzt der Automobilweltverband den Bestand in China. Mittelfristige Prognosen erwarten einen Anteil von 30 Millionen E-Autos.
Stark im Wachsen
Im Jahr 2018 erhöhte Bosch seine Investitionen in China um 19 % gegenüber dem Vorjahr.
Stark auf dem Pedal
Die Bremsleistung für den 2,5 Tonnen schweren SUV ist dem eines Sportwagen ähnlich – von 100 runter auf null in lediglich 33,8 Metern.
Die faszinierende Technik hinter dem iBooster
iBooster – So sorgt der iBooster für mehr Sicherheit und größere Reichweite
Bei automatischen Notbremsungen baut der Bremskraftverstärker iBooster den Bremsdruck dreimal schneller auf als ein übliches ESP®-basiertes Bremssystem. Anders als viele dieser Systeme benötigt er keine Vakuumpumpe, die ständig Energie verbraucht. Stattdessen benötigt der iBooster von Bosch hingegen nur beim Betätigen der Bremse elektrische Energie. So kann Kraftstoff eingespart und der CO₂-Ausstoß gesenkt werden. Bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen wird mit Hilfe des Generators Bremsenergie zurückgewonnen und im Akku gespeichert. Wird hier ein iBooster in Kombination mit einem geeigneten ESP® eingesetzt, geht dabei nahezu keine Energie verloren. Der Fahrer spürt davon nichts und profitiert von erhöhter Reichweite.
Shanghai ist offen und willensstark, NIO ist es auch. Der iBooster von Bosch ist ein Symbol für den Geist, der auch in unserem Unternehmen herrscht.
Tue dem E-Auto Gutes
Heute, wo sie das Modell ES8 auf die Straße gebracht hat, erinnert Cissy Ye sich daran, wie alles ins Laufen kam: „Ich wollte etwas Spannendes tun.“ Anfangs bestand NIO aus 20 Leuten, alle auf einem Stockwerk: „Es gab keine Büros und keine Organigramme – alles war wie eine weiße Leinwand. Man hat die Freiheit gespürt, aber auch schnell gemerkt, wie viel es zu tun gibt.“ Grundsätzlich galt eine Maxime: „Was immer gut für das Projekt ist, tut es.“ Der iBooster ist eine Komponente, die diesen Anspruch erfüllt.
Shanghai kommt einem vor wie ein tägliches 24-Stunden-Rennen. Cissy Yes langer Tag beginnt mit dem Pendeln zwischen Stadtbüro, Coworking-Space, NIO House und dem Hauptquartier vor den Toren der Stadt. Abends lesen sie und ihre achtjährige Tochter sich gegenseitig vor, mal auf Chinesisch, mal auf Englisch. Es ist die Zielstrebigkeit und der Optimismus einer ganzen Generation, die Cissy Ye antreiben: „Die Digitalisierung hat unser Leben verändert, das meiste davon positiv. Man muss die Möglichkeiten nur richtig einsetzen, denn Technik an sich ist neutral.“ Ein letzter Blick in den Himmel über Shanghai. Er leuchtet Nachtblau und verschmilzt mit dem Blau des Elektroautos.