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Elektromobilität

Auf der Überholspur

Schub für Elektromobilität in China

Das neue Elektroauto von Xiaomi im chinesischen Stadtverkehr

Wolkenkratzer, moderne Hochgeschwindigkeitszüge, mehrspurige Kreisverkehre: Der Stadtverkehr in chinesischen Millionenmetropolen ist ein Erlebnis. Trotz der Kulisse und dem Treiben auf den dicht befahrenen Straßen stechen die vielen Autos mit grünen Kennzeichentafeln ins Auge. Sie alle sind batteriebetrieben. Elektromobilität hat sich in Windeseile in China etabliert. Das Land ist der weltweit größte Markt für Elektrofahrzeuge.

Das Elektrofahrzeug SU7 von Xiaomi vor einem chinesischen Tor in der Nähe des Pekinger Konfuzius-Tempels.
Mehr als die Hälfte aller Autos mit Elektroantrieb weltweit fahren auf chinesischen Straßen.

“Jeder vierte Neuwagen in China wird derzeit von Batterien betrieben, bis 2035 soll es jeder zweite sein”, sagt Weiliang Wang, Chef von Bosch Mobility in China. Er steht vor einem großen Fenster in seinem Büro am Standort Wuxi und blickt auf den Straßenverkehr. Emissionsfreie Mobilität ist im Reich der Mitte auf dem Vormarsch. Elektromobilität soll dazu beitragen, das Regierungsziel einer Klimaneutralität bis 2060 zu erreichen. „Die notwendige Infrastruktur wird unter Hochdruck aufgebaut und batteriebetriebene Autos sind zu erschwinglichen Preisen und ohne Wartezeit erhältlich“, erklärt Wang den Schub der Elektromobilität.

Porträt von Weiliang Wang, Präsident des Bosch Mobility Board China

Jeder vierte Neuwagen in China wird derzeit von Batterien betrieben, bis 2035 soll es jeder zweite sein.

Weiliang Wang, Chef von Bosch Mobility in China

Die Wettbewerber schlafen nicht

Zunehmend drängen in China neue Anbieter auf den Markt und konkurrieren mit internationalen Automobilherstellern. Seit kurzer Zeit taucht auf den Straßen Chinas eine neue Marke auf, bislang bekannt für andere Produkte: Xiaomi, der drittgrößte Smartphone-Hersteller der Welt. Ende März hat das Unternehmen „SU7“ vorgestellt, sein erstes Elektrofahrzeug, eine Luxus-Technologielimousine des E-Segments. „Kunden wollen heute weit mehr als ein Fahrzeug, um sich fortzubewegen. Vernetzung, autonomes Fahren und Infotainment spielen eine immer wichtigere Rolle“, erklärt Zhenyu Huang, verantwortlich für Produktion, Lieferketten und Einkauf der Mobilitätssparte von Xiaomi.

Zhenyu Huang sitzt auf einem Stuhl mit dem Xiaomi SU7 im Hintergrund.
Zhenyu Huang, bei Xiaomi verantwortlich für Produktion, Lieferketten und Einkauf.

Das verschiebt Größen. Um die Jahrhundertwende hat Elektronik etwa 20 Prozent der Gesamtkosten eines Autos ausgemacht, inzwischen ist der Anteil auf etwa 40 Prozent gestiegen. Prognosen zufolge wird Elektronik bis 2030 die Hälfte des Gesamtpreises eines Neuwagens ausmachen. Dies verändert den Automobilmarkt nachhaltig. „Genau hier kommen wir ins Spiel“, meint der Vice President der Mobilitätssparte. „Xiaomi hat jahrzehntelange Erfahrung im Elektronikgeschäft und beim Programmieren von Betriebssystemen. Beides ist nicht nur für Smartphones grundlegend, sondern auch für vernetzte Autos.“

Xiaomis erstes Elektrofahrzeug auf den Straßen von Peking

Im März brachte der Smartphone-Hersteller Xiaomi sein erstes Elektrofahrzeug auf den Markt.
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Lösungen für assistiertes Fahren anbieten

Neben Erfahrung in der digitalen Vernetzung hat Xiaomi ein eigenes Labor für künstliche Intelligenz (KI) aufgebaut. Mehr als 3 000 Ingenieurinnen und Ingenieure arbeiten dort daran, Software und Hardware noch intelligenter zu machen. Das bringe Xiaomi Vorteile – beispielsweise beim assistierten Fahren. „Für Smartphones entwickeln wir Kameras und Sensoren und kennen uns mit Bildverarbeitung aus. Das braucht es auch beim automatisierten Fahren.“ Hier wolle Xiaomi den Kunden früher als andere Autohersteller Lösungen anbieten. Dennoch reiche Software allein nicht aus, um ein gutes Auto auf den Markt zu bringen. „Auch Grundfunktionalitäten wie Leistung, Fahrgefühl und mechanische Qualität müssen stimmen“, sagt der Lieferkettenchef.

Zwei Mitarbeiter und ein Xiaomi SU7 in einer Produktionslinie in einem Werk.
Im neuen Werk in Peking läuft der „SU7“ vom Produktionsband.

Xiaomi hat deshalb nicht nur das Softwareangebot im Blick, sondern investiert auch in eine effiziente Fahrzeugproduktion: Das Unternehmen hat Ingenieurinnen und Ingenieure aus der Automobilbranche eingestellt, als Xiaomis Mobilitätssparte im September 2021 gegründet wurde und beschäftigt derzeit rund 3 000 Beschäftigte im Bereich Elektromobilität. In der neuen Fertigung sollen in diesem Jahr über 100 000 Autos vom Produktionsband des neuen Werks laufen. Die Serienfertigung startete Ende März. Die benötigten Batterien produziert Xiaomi selbst.

Mit Bosch als Partner

Xiaomi hat große Ziele: In den nächsten 15 bis 20 Jahren möchte das Unternehmen zu den fünf größten Automobilherstellern der Welt gehören. Dabei setzt der Fahrzeughersteller auf ausgewählte Partner und Zulieferer – darunter Bosch. Im ersten Automodell von Xiaomi kommen einige Schlüsselkomponenten von Bosch zum Einsatz: Vom integrierten Bremssystem über das Batteriemanagementsystem zur Überwachung von Spannung, Strom und Ladezustand der Batterien bis hin zur 400V eAchse mit Siliziumkarbid-Technologie als Herzstück des elektrischen Antriebs.

Ein Mitarbeiter an einer Produktionslinie in einem Werk.
Beschäftigte im Bosch-Werk in Suzhou fertigen die eAchse für Elektroautos für den chinesischen Markt.
Mitarbeiter heben eine E-Achse in den Rahmen eines Elektrofahrzeugs.
Xiaomi-Mitarbeiter heben eine E-Achse in den Rahmen des SU7.
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„Bosch hat jahrzehntelange Erfahrung im Automobilbereich, im Umgang mit Daten und steht in China für Qualität, Innovationskraft und Zuverlässigkeit“, sagt Huang. „Die Belastung einer eAchse auf die effizienteste Weise zu berechnen, ist Ingenieurskunst. Hier vertrauen wir auf Bosch.“ Xiaomi plane, die Zusammenarbeit mit Bosch künftig auf weitere Produkte und Lösungen auszubauen. Neben Xiaomi pflegt Bosch mit fast allen großen chinesischen Automobilherstellern Partnerschaften – Xiaomi ist der jüngste Neuzugang auf dieser Liste.

Produkte lokal entwickeln

Bosch ist in China Marktführer bei Elektromobilität für Autos. Durch den hohen E-Auto-Absatz und den Trend zu mehr Standardisierung vor Ort rechne sich Elektromobilität in China bereits für Bosch, erklärt Weiliang Wang und erläutert Perspektiven: „Die Nachfrage nach elektrischen und elektronischen Architekturen und softwaredefinierten Fahrzeugen steigt.“ Kunden forderten Flexibilität, Schnelligkeit bei der Entwicklung und bewährte Antriebstechnik. Das biete Bosch. „Individualisierung und Standardisierung sind für uns kein Widerspruch.“ Wer mit Elektromobilität global erfolgreich sein wolle, müsse beides beherrschen.

Ein elegantes, blaues Elektroauto parkt vor einem traditionellen chinesischen Gebäude. Eine verschwommene Gestalt fährt mit dem Fahrrad am Auto vorbei.
Ein blaues Auto fährt an einer roten Mauer mit traditioneller chinesischer Architektur vorbei.
Ein Auto, das in einer üppig grünen Parklandschaft geparkt ist, umgeben von Bäumen und einem Teich.
Eine Frau lädt an einer Ladestation ein blaues Elektroauto auf.
Ein blauer Sportwagen fährt auf einer modernen Brücke mit weißer Gitterkonstruktion.
Ein leuchtend blaues Elektroauto mit schwarzem Dach steht vor einem traditionellen chinesischen Holztor.
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China ist für Bosch ein wichtiger Markt – rund 20 Prozent des weltweiten Konzernumsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in China, davon 80 Prozent, also 15 von insgesamt 18 Milliarden Euro, mit dem Mobilitätsgeschäft. „Wir wollen die Präsenz von Bosch auf dem chinesischen Markt weiter stärken und die lokale Automobilindustrie mit innovativen Lösungen und Dienstleistungen unterstützen“, sagt Wang. Dafür entsteht beispielsweise in Suzhou bei Shanghai ein neues Werk für die Fertigung von Kernkomponenten für die Elektromobilität, um die lokale Nachfrage noch besser zu bedienen – rund eine Milliarde Euro investiert Bosch vor Ort. „Zunehmend entwickelt Bosch Innovationen auch direkt in China. Ein Beispiel dafür ist ein neues elektronisches Bremssystem für Nutzfahrzeuge“, erklärt Wang. „Es ist ein wichtiger Schritt für ein globales Unternehmen wie Bosch, lokale Lösungen entwickeln zu können.“

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