Software im Auto – der neue Hubraum
Das Automobil der Moderne ist ein fahrendes Rechenzentrum, dessen Fähigkeiten maßgeblich von Software und Elektronik bestimmt werden. Im neuen Geschäftsbereich Cross-Domain Computing Solutions wird Bosch diesen Paradigmenwechsel aktiv mitgestalten. Mitarbeiterin Johanna Michelfelder erklärt, was sie an der Arbeit im neuen Bereich begeistert und welche Ziele sie dort verfolgt.
Die Automobilindustrie verändert sich wie wenige andere Industriezweige – und das nirgends so stark wie im Bereich von Software und Elektronik. Software entscheidet in Zukunft maßgeblich, was ein Auto leisten kann. Mit dem Trend zu einer immer anspruchsvolleren Elektronik sowie immer mehr Software steigt auch die Komplexität in der Fahrzeugentwicklung erheblich an. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen. Kernaufgabe von Cross-Domain Computing Solutions wird es sein, die Komplexität der Elektroniksysteme beherrschbar und darüber hinaus so sicher wie möglich zu machen. An dieser Aufgabe arbeiten im neuen Geschäftsbereich seit Anfang 2021 rund 17 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an mehr als 40 Standorten und in mehr als 20 Ländern. Eine davon ist Johanna Michelfelder, die als Gruppenleiterin in der Bildverarbeitung – Computer Vision – die Entwicklung der Mobilität mitgestaltet.
3 Milliarden Euro
Bosch investiert diesen Betrag jährlich in automobile Software-Kompetenz.
Bosch bündelt seine umfassende Software- und Elektronikkompetenz in einem neuen Geschäftsbereich, um die Digitalisierung von Fahrzeugen weiter erfolgreich voranbringen zu können. Was begeistert dich an den Möglichkeiten, die dabei entstehen?
Für mich war früh klar, dass ich an der Zukunft der Mobilität arbeiten will – und das bei Bosch. Hier bin ich ganz nah am Produkt, kann tief in die Technik einsteigen, weil sie eben genau hier entwickelt wird. Gleichzeitig ist Bosch technisch nicht nur tief, sondern auch unglaublich breit aufgestellt.
Das verdeutlicht auch der neue Geschäftsbereich, in dem Entwicklungskompetenzen aus unterschiedlichen Bereichen vereint sind. Das ermöglicht es, unseren Kunden ein perfekt abgestimmtes Gesamtsystem anbieten zu können: von der Hardwareentwicklung der Sensoren wie Radar, Ultraschall und Video über das Zentralsteuergerät hin zur Software bestehend aus einer Vielzahl an Modulen, wie beispielsweise der Bildverarbeitung, in der ich momentan tätig bin.
Was sind deine Aufgaben und Projekte in der Bildverarbeitung?
Ich bin gemeinsam mit meinen Teams verantwortlich für einen Teil der Softwareentwicklung. Konkret geht es darum, auf Basis der Bilder einer Videokamera Objekte zu erkennen und aus zweidimensionalen Bildern eine Rekonstruktion der 3D-Welt zu erstellen. Dieser Input wird von anderen Teams verwendet, um Funktionen für Autofahrer zu realisieren, zum Beispiel das (teil-)automatisierte Einparken. Dabei geht es auch um Systeme, die aus vielen Videokameras bestehen. Teilweise sind es mehr als zehn pro Fahrzeug. Wir nennen das „Kameragürtel“. Dieser Gürtel ermöglicht eine 360-Grad-Abdeckung beziehungsweise -Beobachtung des Fahrzeugumfelds und ist damit ein weiterer Schritt zur stärkeren Automatisierung unserer Systeme.
Da diese immer komplexer werden, ist es allerdings notwendig, die Signale von Kameras und Sensoren – anders als bisher – in zentralen Steuergeräten zu bündeln und zu verarbeiten. Diese Computer nutzen die Signale, um Entscheidungen zu treffen, wann ein Fahrzeug beispielsweise selbstständig die Spur wechseln soll. Damit werden Zentralsteuergeräte zum Gehirn unserer Systeme und prägen die Entwicklung der elektrischen und elektronischen (E/E-)Architektur von Fahrzeugen.
Übersicht E/E-Architektur heute und morgen
Du engagierst dich über das rein Fachliche hinaus. Welche Themen beschäftigen dich dabei?
Ich bin im neuen Geschäftsbereich zusätzlich in der Organisationsentwicklung tätig und leite hier ein Projekt im Bereich Bildverarbeitung. Dessen Ziel ist es, eine auf unser Business abgestimmte Organisation aufzubauen. Das ist in einem neuen Geschäftsbereich deshalb wichtig, da Kompetenzen und Vorstellungen aus bisher unabhängigen Einheiten aufeinandertreffen. Unser gemeinsames Ziel ist es, zu identifizieren, für welche Aspekte eine Zentralisierung sinnvoll ist, um Synergien zu schaffen und wo eine dezentrale Organisationsform Vorteile bringt. Es ist ein tolles Gefühl, in einem großen Unternehmen wie Bosch eine neue Organisation mitgestalten zu können.
Was treibt dich an, wenn du an die Mobilität der Zukunft denkst?
Es ist faszinierend, wie intuitiv und fast schon unterbewusst Menschen die komplexe Aufgabe der Fahrzeugsteuerung bewältigen. Die Herausforderung, diesen Vorgang zu automatisieren, begeistert mich. Ich finde es beeindruckend, was wir als Bosch im Bereich der Fahrerassistenz und Automatisierung bereits erreicht haben. Es warten aber auch noch viele Aufgaben auf uns: In der datengetriebenen Entwicklung mithilfe von Deep-Learning-Algorithmen steckt großes Potenzial, ebenso in der Erweiterung der Fahrerassistenz oder im vollautomatisierten Fahren in sogenannten „restricted areas“, also ausgewählten Bereichen wie beispielsweise Stadtvierteln.
Du hast bei Bosch Einblicke in viele verschiedene Bereiche gewonnen. Wie kannst Du diese Erfahrung nutzen?
Meine bisherigen Stationen bei Bosch in verschiedenen Ländern haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass Produkte ganzheitlich betrachtet werden: Nicht nur die Schnittstellen zwischen Hard- und Software müssen stimmen, auch diejenigen zwischen den verschiedenen Wertschöpfungsbereichen eines Produkts. Mein berufliches Ziel ist es deshalb, einmal die Gesamtverantwortung für ein Produkt oder eine Produktgruppe entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu übernehmen. Von der Identifikation der Marktbedürfnisse über Entwicklung, Einkauf, Fertigung und Vertrieb des Produkts bis zu den kommerziellen Zielen, die es zu erreichen gilt.
Du hast an vielen verschiedenen Bosch-Standorten auch im Ausland gearbeitet. Wie hat dich das geprägt?
Bei diesen Stationen habe ich die Bedeutung von Diversität schätzen gelernt. In der Softwareentwicklung sind wir Frauen aktuell noch in der Unterzahl. Das ist für mich kein Problem, da ich in einer sehr aufgeschlossenen Unternehmenskultur arbeite. Diversität ist mir wichtig. Kollegen und Kolleginnen aus unterschiedlichen Ländern, mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und einer Vielfalt an Erfahrung ermöglichen uns als Unternehmen, verschiedenste Aspekte und Sichtweisen in die Produktentwicklung einfließen zu lassen und dadurch ein erfolgreicheres Produkt zu entwickeln.
Im Fokus
Johanna Michelfelder
Gruppenleiterin in der Bildverarbeitung
„Die Mobilität der Zukunft basiert auf Automatisierung – und ich leiste meinen Beitrag zu unserem Erfolg.“
Johanna Michelfelder studierte Wirtschaftsingenieurwesen am KIT in Karlsruhe. Bereits im Studium absolvierte sie Praktika bei Bosch und war Teil des von Bosch geförderten Design-Thinking-Projekts der Stanford University. 2016 stieg sie mit dem Junior-Manager-Programm im Technischen Vertrieb bei Bosch Mobility ein.. Im Anschluss übernahm sie als Projektleiterin die Verantwortung für Kundenprojekte im Bereich Fahrerassistenz sowie Bremsregelung. Momentan ist sie im Bereich Fahrerassistenz Gruppenleiterin in der Softwareentwicklung und verantwortlich für das Thema Bildverarbeitung (Computer Vision).