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Geschichte

Bosch im Weltraum

Bereit zum Abheben

Detailansicht verschiedener Scheinwerfer des Bosch-Sonnensimulators

Ferne Galaxien, Schwerelosigkeit und Reisen zu anderen Planeten – die Faszination für den Weltraum fesselt die Menschen seit Jahrhunderten. Noch sind viele Projekte nach wie vor Vision, doch seit den 1960er Jahren ist viel Licht ins Dunkel des Alls gefallen. An einer ganzen Reihe von Missionen war auch Bosch beteiligt – sowohl auf der Erde als auch in den Weiten des Weltalls.

Simulation mit der „Bosch-Sonne“

Die ersten künstlichen Raumflugkörper hatten es nicht leicht. Nach überstandenem Raketenstart mussten sie mit den besonderen Bedingungen des Weltraums zurechtkommen. Berechnungen gaben zwar Grundlegendes vor, reichten aber nicht aus. Ob Materialien und Konstruktionen wirklich weltraumtauglich waren, ließ sich nicht vorhersagen – aber nachahmen. Simulationsanlagen konnten das Vakuum des Weltraums, extrem niedrige Temperaturen und eine hohe Sonnenstrahlung erzeugen.

1966 erhielt Bosch den Auftrag, für zwei solche Weltraumsimulationskammern Sonnensimulatoren zu bauen. Anknüpfungspunkt war dabei die langjährige Erfahrung mit lichtstarken Bogenlampen für Kinoprojektoren, deren optischer Aufbau den Projektionssystemen zur Sonnensimulation ähnelte. Die Stuttgarter Ingenieure entwickelten mit der „Bosch-Sonne“ ein erstes erfolgreiches Produkt, mit dem sich eine ganze Reihe europäischer Forschungssatelliten auf Herz und Nieren prüfen ließen.

Gesamtansicht der halb geöffneten Kammer
Weltraumsimulationsanlage mit Bosch-Sonne (1967)

Himmelsbeobachtung durch die Fernsehkamera

Nachthimmel mit Lichtwolke und Lichtpunkten
Fernsehaufnahme der Bariumwolke (1969)

Ein zweiter Bosch-Bereich, die Fernseh GmbH (FESE), stieß 1969 in die Weiten des Weltalls vor. In 74.000 km Höhe wurde ein Experiment zur Erforschung der interplanetaren elektrischen und magnetischen Felder durchgeführt. Nach Zündung einer kleinen Kapsel mit Bariumkupferoxid folgten die elektrisch aufgeladenen Barium-Teilchen den magnetischen Kraftlinien und formierten sich zu einer rot leuchtenden Nebelwolke. Zur Beobachtung der Bariumwolke, die einem Kometenschweif ähnelte, wurden Teleskope in Chile und Arizona (USA) mit eigens entwickelten Spezial-Fernsehkameras der FESE verbunden, die die schwachen Lichtsignale zu einem Bild „übereinanderstapelten“ und die Auswertung des Experiments überhaupt erst ermöglichten.

Rohre für die Ariane

Der Geschäftsbereich Industrieausrüstung kam 1978 beim Bau der europäischen Trägerrakete Ariane 1 zum Zug. 2550 Liter Wasser in einem ringförmigen Tank waren für die Kühlung der ersten Raketenstufe vorgesehen. Die 16 Halbschalen aus Chrom-Nickel-Stahl, aus denen sich der Wassertank zusammensetzte, stammten aus dem Rohrleitungsbau im Werk Reutlingen. Die Anforderungen an das Material waren äußerst anspruchsvoll: es musste den extremen Belastungen beim Start der Ariane standhalten und gleichzeitig so wenig Gewicht wie möglich auf die Waage bringen. Die zugehörige Berichterstattung im damaligen Bosch-Zünder fiel sehr zuversichtlich aus: „Wenn im nächsten Jahr die erste Ariane in den Weltraum reist, dann wird auch die Qualität des Bosch-Anteils an diesem Projekt zu einer erfolgreichen Durchführung des Raumfahrtunternehmens beitragen.“

Zwei Hände in weißen Handschuhen bei Messungen am vergoldeten Gehäuseunterteil
Zwischenprüfung bei der Montage eines Satelliten-Schwungrads (1986)

Schwungräder für die stabile Lage

Die große Zeit der Raumfahrt bei Bosch brach in den 1980er Jahren an. Nach der Übernahme der Teldix GmbH gehörte auch ein Weltraum-Geräteprogramm zum Produktportfolio. International erfolgreich war vor allem das sogenannte „Drallrad“-System zur Lagestabilisierung von Satelliten. Ein kräftiges, sehr schnell drehendes Kreiselschwungrad im Inneren der Satelliten sorgte dafür, dass sie still auf ihrer Position stehen konnten. Auf den stabil gelagerten Satelliten konnten dann die Richtantennen präzise auf die jeweiligen Empfangsgebiete auf der Erde ausgerichtet werden.

Rückenansicht eines Mannes im weißen Labormantel vor den Innenleben des Satelliten
Arbeiten am Fernmeldesatelliten Kopernikus (1986)

Nachrichtentechnische Nutzlast

Luftaufnahme der Anlage mit sechs Parabolantennen
Bodenstationen der Erdefunkstelle in Usingen im Taunus (1986)

Die zweite große Erweiterung des Raumfahrtprogramms erfolgte im Zuge der Beteiligung an der ANT Nachrichtentechnik GmbH. Das Unternehmen aus Backnang hatte seit den späten 1960er Jahren zahlreiche „nachrichtentechnische Nutzlasten“ für Satelliten entwickelt – gemeint waren damit die Übertragungssysteme der Satelliten für Fernsehen, Rundfunk, Telefon, Telex, Daten und sonstige Kommunikationsdienste. Ebenso errichtete die ANT weltweit Erdefunkstellen zum Empfangen und Verarbeiten der Satellitensignale. Ein herausragendes Produkt war der Wanderfeldröhrenverstärker, das „Herz“ aller Satelliten. Er sorgte für die ausreichende Verstärkung der Signale zwischen Satelliten und Bodenstationen.

Ins fernere Weltall brach Bosch erstmals 1996 auf. Die Mars-Sonde „Mars Global Surveyor“ der NASA sendete ab 1998 Bilder und Daten – verstärkt durch Wanderfeldröhren und eine Hochleistungs-Stromversorgung der Bosch Telecom.

Aufbruch zum Mars

Ansicht des Landers auf idealisierter Marsoberfläche
Phoenix-Lander mit Roboterarm (2007)

Auch nach dem Rückzug aus den Bereichen Raumfahrt und Telekommunikation war Bosch an verschiedenen Raumfahrtprojekten beteiligt. Mitunter kam es auch zu sehr ungewöhnlichen Einsätzen irdischer Produkte: 2002 flogen zwei Bosch-Zündkerzen mit auf eine Space Shuttle Mission und sicherten die Energieversorgung eines geophysikalischen Experiments.

Bei der „Phoenix“ Mars Mission der NASA im Jahr 2007 übernahm ein Spezialbohrer des Tochterunternehmens RotoZip einen wichtigen Auftrag bei der Entnahme von Bodenproben. Bei ihrer Auswertung bestätigte sich die Vermutung der Forscher: im Marsboden gibt es gefrorenes Wasser.

Auch Bosch Rexroth unterstützte die NASA und entwickelte 2013 für ein Testprojekt zu „sanften“ Landemöglichkeiten auf dem Mars die Hydraulik für eine Startrampe.

Sensoren im Weltall

Sensoren von Bosch sind seit November 2019 auf der Internationalen Raumstation ISS im Einsatz. Die SoundSee-Technologie setzt auf Tiefenaudioanalytik und Künstliche Intelligenz. Mikrofone zeichnen die Betriebsgeräusche der Raumstation auf, die mithilfe von KI analysiert werden. SoundSee soll dann Aufschluss darüber geben, ob die von der ISS erzeugten Audiodaten über eine Software erkannt, richtig interpretiert und zur Verbesserung des Betriebs der Raumstation genutzt werden können.

Mann betrachtet Steuergerät
SoundSee-Einheit für die ISS (2019)

Eine noch weitere Reise brachten die Drehraten- und Beschleunigungssensoren hinter sich, die 2021 im NASA-Helikopter „Ingenuity“ auf dem Mars landeten. Das kleine Fluggerät bewies, dass kontrollierte Motorflüge auf dem Mars möglich sind. Die Sensoren trotzten allen Widrigkeiten des roten Planeten – und fügten sich damit in die lange Reihe unterschiedlichster Bosch-Produkte, die sich im All bewährt hatten.

Autorin: Bettina Simon

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