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Geschichte

125 Jahre Bosch in Großbritannien

Liebeserklärung an eine Insel

Oldtimer vor einer Gebäudefront

1898 begann Bosch seine Produkte in London und damit erstmals außerhalb Deutschlands zu vertreiben. Die Internationalisierung des Unternehmens begann. Heute, 125 Jahre später, ist das Vereinigte Königreich, nach Deutschland dem Umsatz nach, der zweitgrößte Markt für Bosch in Europa. Es lohnt sich der Rückblick auf eine Geschichte, die von Höhen und Tiefen, aber insgesamt von einer Atmosphäre herzlicher Zusammenarbeit geprägt war.

Robert Bosch Porträt
Robert Bosch, 1886

„Ich glaube, ich könnte es ganz gerne haben“, schrieb Robert Bosch 1885 an seine Verlobte Anna. Er meinte damit Großbritannien. Für einen mit Emotionen geizenden Schwaben kam diese Aussage fast schon einer Liebeserklärung an das Land gleich. Während seiner Arbeit im Siemens-Werk im Londoner Vorort Woolwich hatte der damals 24-jährige Bosch Land und Leute kennengelernt. Mit den Einheimischen kam er gut zurecht. Er lernte viel von den Gesprächen, die er bevorzugt in Pubs führte. Diese Erfahrungen mit persönlichen Begegnungen und mit der wirtschaftlichen Stärke im späten 19. Jahrhundert haben ihn als Unternehmer inspiriert: „Oft schon hatte ich darüber nachgedacht, wie ich in England Fuß fassen könnte.“

1898 war es dann so weit. Großbritannien gehörte zu den Pionieren der Automobilindustrie. Autos der Marken von Wolseley, Napier, Rolls Royce und Vauxhall brauchten eine zuverlässige Zündung und Bosch konnte das liefern. Dazu gründete Bosch gemeinsam mit dem Briten Frederick Simms die „Compagnie des Magnétos Simms-Bosch“.

Diese Firma vertrieb Magnetzünder und baute sie in Großbritannien, Frankreich und Belgien in Automobile ein. 1907 trennte sich Bosch vom Partner Simms und die Bosch Magneto Company Ltd übernahm das Geschäft. Die Gebäude der Gesellschaft in der Londoner Innenstadt wurden schnell zu klein.

Mehrere Menschen und zwei Autos vor einem Gebäude
Umzug in London: Die Bosch Magneto Company zieht von der Store Street in die Newman Street um.

Daraufhin beschloss die Geschäftsleitung um Arthur Bennet, John Stevens und Emil Schwer ein Geschäftsgebäude in der benachbarten Tottenham Court Road zu bauen. Der erste Teil des neuen Gebäudes wurde 1913 eröffnet und da die Geschäfte weiterhin so gut liefen, baute die Gesellschaft weiter. Jedoch beendete der Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 diesen Höhenflug. Der britische Staat konfiszierte das feindliche Eigentum und verkaufte alles zusammen 1917 an den Maschinenbau- und Rüstungskonzern Vickers.

zweireihiges Gruppenbild mit 16 Männern
Beim Bosch-Vertretertreffen ist die Leitung der Bosch Magneto Company dabei: Emil Schwer (1.v.l.), John Stevens (2.v.l.) und Arthur Bennet (2.v.r.).
Bosch-Gebäude in der Tottenham Court Road
ein fünfstöckiges Gebäude
1914
2014

Die Geschäftsleitung der vormaligen Bosch Magneto Company blieb Bosch dennoch eng verbunden. John Stevens gründete eine eigene Firma in London und übernahm 1919 den Vertrieb von Bosch-Produkten. Da es nun einen Vertreter in der englischen Hauptstadt gab, etablierte das Unternehmen 1924 im schottischen Glasgow eine neue Gesellschaft, die Bosch Ltd.

Zur gleichen Zeit begab sich Bosch auch auf die Suche nach britischen Partnern, um gemeinsam im Land zu produzieren. Eine mögliche Zusammenarbeit mit Vickers scheiterte kurz vor Abschluss an Namensstreitigkeiten.

Gebäudefassade mit Schrift
Fassade der Bosch-Vertretung J.A. Stevens, 1926

1931 fand sich dann schließlich mit der Joseph Lucas Ltd-Tochtergesellschaft C.A. Vandervell (C.A.V.) ein britischer Partner. Bosch brachte die Patente ein, C.A.V. stellte den Produktionsstandort in London zur Verfügung. Die Zusammenarbeit war eng und herzlich. Mitarbeiter beider Firmen tauschten sich oft vor Ort in London oder Stuttgart aus, längere Aufenthalte von Facharbeitern hier oder dort fanden regelmäßig statt. Die Bosch Ltd ging in das Unternehmen C.A.V.-Bosch über, das damit den Stützpunkt aller Aktivitäten auf den britischen Inseln bildete.
Bosch verkaufte seine Anteile am Gemeinschaftsunternehmen am Vorabend des Zweiten Weltkriegs Ende der 1930er Jahre an Lucas, um einer drohenden Enteignung zu entgehen.

Viele Menschen vor zwei Bussen, die vor einem Fabrikgebäude stehen
Ausflug der C.A.V.-Bosch-Mitarbeiter, 1931
Mehrere Autos und drei Personen vor einem Gebäude
Vertretung der Bosch Ltd in Hendon, 1954

Aufgrund der vertrauensvollen Zusammenarbeit hatten die Partner eine Übereinkunft geschlossen, die Bosch das Vorkaufsrecht der Anteile zusicherte.

1954 kaufte Bosch dann die aus dem Gemeinschaftsunternehmen herausgelöste Bosch Ltd zurück. Sie wurde zur Keimzelle der heutigen Bosch-Gesellschaft in Großbritannien. Nach den turbulenten Jahrzehnten internationaler Konflikte, begann eine lange Phase des Aufschwungs. Neben Automobiltechnik konnten Kunden in Großbritannien auch Hausgeräte, Elektrowerkzeuge, Warmwasserboiler und Radiotechnik kaufen.
Die meisten Produkte produzierte Bosch jedoch nicht vor Ort.

Dies änderte sich grundsätzlich erst in den 1990er Jahren, als die 1975 in Robert Bosch Ltd umbenannte Gesellschaft den Gartengerätehersteller Atco Qualcast, seit 2007 Bosch Lawn and Garden, und den Thermotechnikspezialisten Worcester übernahm. Vor allem Worcester Bosch ist Ausdruck dessen, für was 125 Jahre Bosch in Großbritannien steht. Exzellente Zusammenarbeit nach dem Motto: Warming lives, protecting our future. Und das vor allem nachhaltig. Worcester entwickelt innovative Produkte wie beispielsweise den H₂-Heizkessel, der in wenigen Schritten von Gas auf die vollständige Nutzung von Wasserstoff umgestellt werden kann.

Links die Front eines Heizkessels, rechts ein Monteur mit grünem T-Shirt mit Bosch-Anker.
Ziel Nachhaltigkeit: Der Worcester Bosch H₂-Heizkessel und das Worcester Green Heros Programm, um Kunden zum Energiesparen zu ermutigen.
Straßenszene mit blauem Auto
Test-Auto des Startup Five zur Erprobung des autonomen Fahrens, 2022

Neue Akzente setzen auch die Partner, mit denen Bosch in den letzten Jahren die Zusammenarbeit aufnahm, wie beispielsweise Ceres zur Herstellung von Festoxidbrennstoffzellen oder Five, Europas führendes Startup-Unternehmen im Bereich automatisiertes Fahren, Softwareentwicklung und Lösungen für künstliche Intelligenz oder der Brandschutzspezialist Protec. Heute ist Bosch in Großbritannien mit allen Unternehmensbereichen an ungefähr 50 Standorten vertreten. Die Zeichen für die Zukunft stehen gut. Denn dass Bosch in Großbritannien und die Menschen, die dort arbeiten, sich auch von Krisen und Konflikten nicht geschlagen geben, haben die vergangenen 125 Jahre mehrfach gezeigt.

Autorin: Christine Siegel

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