Werbung bei Bosch: Vom „Roten Teufel“ zum Werbemittelpaket
Vom allzu lauten Rühren der Werbetrommel hielt Robert Bosch nicht viel, schließlich sprach die Qualität seiner Ware für sich. Ganz ohne ging es andererseits auch nicht. Um auf sein neu gegründetes Unternehmen hinzuweisen, schaltete Bosch bereits im Februar 1887 die erste Anzeige in der Stuttgarter Tagespresse.
Nachdem eine größer angelegte Werbeaktion im Frühjahr 1906 den Absatz des damaligen Haupterzeugnisses – des Magnetzünders – erheblich gesteigert hatte, professionalisierte Verkaufsleiter Hugo Borst die Werbung im Hause Bosch. Namhafte Werbegrafiker erhielten Aufträge zur Plakatgestaltung. Als zweiter wichtiger Baustein folgte in den 1920er Jahren das einheitliche „Bosch-Erscheinungsbild“ für die Schaufenstergestaltung.
Neue Kunden gesucht und gefunden
Rund 100 Adressen amerikanischer Interessenten für den Bosch-Magnetzündapparat hatte der Verkaufsleiter Hugo Borst bis Anfang 1906 zusammengetragen. Im Frühjahr schickte er allen einen Werbebrief mit dem Angebot, Probeapparate zu bestellen, zusätzlich erschienen ganzseitige Anzeigen in amerikanischen Motorzeitschriften. Schnell kamen 30 Bestellungen zusammen. Gustav Klein, damals Leiter der Verkaufsorganisation, übernahm es, die Kunden vor Ort zu besuchen, beliefern und beraten. Bei seiner Rückkehr nach Stuttgart hatte Klein Aufträge im Wert von über einer Million Dollar in der Tasche, die sich zu einem guten Teil auf sein Verkaufstalent, aber auch auf die vorbereitende Werbeaktion mit zurückführen ließen.
Einstieg in die Plakatwerbung
Werbeträger in den USA
Angesichts des großen Erfolgs in den USA setzte Bosch fortan auf verstärkte Werbemaßnahmen. Zwar galten diese nach der Ware selbst nur als „Mittel zweiter Ordnung“, waren aber „im neuzeitlichen Verkaufsbetrieb“ nicht mehr zu entbehren.
Um 1909 schuf der Grafiker Julius Klinger die Werbefigur des „Roten Teufels“. Als Vorbild diente ihm der bekannte belgische Rennfahrer Camille Jenatzy, der mit seiner verwegenen Fahrweise und Bosch-Magnetzündung das Rennen um den Gordon-Bennett-Cup von 1903 gewonnen hatte.
Vor allem die amerikanischen Kunden liebten das Motiv des Roten Teufels. Nach der Enteignung der US-amerikanischen Bosch-Gesellschaft infolge des Ersten Weltkriegs beanspruchte die konkurrierende American Bosch Magneto Corporation den Roten Teufel für sich. Bosch verzichtete daraufhin auf die Weiterverwendung des Motivs um Verwechslungen vorzubeugen.
Bosch und das Sachplakat
Im Jahr 1912 erhielt der Werbegrafiker Lucian Bernhard den ersten Auftrag von Bosch. Seine Aufgabe war es, dem Unternehmen ein neues, einheitliches Erscheinungsbild zu geben. Als „Schöpfer des Sachplakats“ wendete Bernhard eine schlichte, klare Bild- und Schriftsprache an und reduzierte das Plakat auf die Abbildung des Produktes und des Produkt- bzw. Herstellernamens.
Das erste von Lucian Bernhard gestaltete Motiv war die „Kerze mit Strahlenbündel“, darunter der rote Bosch-Schriftzug. In den folgenden Jahren entstand eine ganze Reihe von weiteren „Sachplakaten“ für Bosch-Produkte.
Neue Schutzmarke
Das neue Magnetzünder-Plakat
Als nach dem Ersten Weltkrieg alle Erzeugnisse mit der Bosch Schutzmarke – dem bis heute gültigen Anker im Kreis – versehen wurden, entwarf Bernhard die begleitenden Werbemittel mit der neuen Bild- und Wortmarke: Zeitungsanzeigen, Plakate, Briefbeilagen und sonstige Werbeschriften.
Auch ein längst fälliges neues Magnetzünderplakat aus dem Atelier Bernhard als Nachfolger für den „Roten Teufel“ wurde 1924 vorgestellt. Die Vorzüge des Sachplakats lagen dabei auf der Hand: dargestellt waren nur das Produkt und als Text „Bosch“ und „Robert Bosch“ – so konnte es in allen Ländern und Sprachgebieten verwendet werden und in der schwierigen Wiederaufbauphase nach dem Kriegsende Kosten sparen helfen.
Gesamtkomposition Schaufenster
Neben dem Plakat nahm im Laufe der 1920er Jahre unter den Werbemaßnahmen die Schaufenstergestaltung einen immer größeren Raum ein. Seit 1921 baute das Unternehmen ein weltweites Netz unabhängiger Vertragswerkstätten auf. 1926 erhielten die Werkstätten die offizielle Bezeichnung „Bosch-Dienst“ und wurden mit einem eigenen Logo ausgestattet. Die Zahl der „Bosch-Dienste“ wie auch der unternehmenseigenen Verkaufshäuser wuchs stetig an. Umso wichtiger wurde es, dabei ein einheitliches, allgemein gültiges Bosch-Erscheinungsbild zu wahren.
Das 1926 gegründete Bosch-Werbebüro übernahm diese Aufgabe und baute eine „planmäßige Kundenbearbeitung“ auf. Für die Schaufenster wurden bildhafte Gesamtkompositionen erstellt, die die Bosch-typische Ästhetik der technischen Erzeugnisse betonte und gleichzeitig die wichtigsten Informationen zum Produkt lieferte.
Vertragswerkstätten und Vertragshändler erhielten regelmäßig Gestaltungsvorschläge für ihre Schaufenster: Aufbauten für kleine und große Fenster, mit Nah- und Fernwirkung, die Ausrichtung auf die jeweilige Jahreszeit – an alle Eventualitäten wurde dabei gedacht. Per Post verschickte Materialpakete versorgten die Händler mit neuen Plakaten, Pappaufstellern, Preisschildern und Aufklebern.
Was sich früh angedeutet hatte, und „vorsichtige Marktuntersuchungen im In- und Ausland“ nach und nach bestätigten, wurde schließlich zur Gewissheit: nur eine „planmäßige Kundenbearbeitung“ konnte den Erfolg von Werbemaßnahmen dauerhaft sichern. So zählten bis Mitte der 1930er Jahre „Anzeigenaktionen, Verkäuferkurse, Händlerwerbung durch Reisevertreter und Kundenzeitschrift und andere Mittel neuzeitlicher Werbung“ auch bei Bosch zum Standard.
Autorin: Bettina Simon