Mein Industry Sabbatical bei Bosch Research
Einblicke gewinnen und Netzwerke knüpfen
Diego Rincon hat ein Industry Sabbatical bei Bosch Research absolviert. Im Interview erzählt er über seine Erfahrungen und die Vorteile eines Industry Sabbatical Programms bei Bosch.
Kannst du uns etwas über dich erzählen?
Mein Name ist Diego Rincon. Derzeit promoviere ich im Bereich der neurosymbolischen KI an der Universität Salerno in Süditalien. Ich bin vor etwa einem Jahr zu Bosch gekommen, um am Industry Sabbatical Programm teilzunehmen.
Mein Hintergrund ist für einen Doktoranden etwas ungewöhnlich, da ich bereits 39 Jahre alt bin. Ich habe mein Grundstudium 2006 abgeschlossen, was also schon eine ganze Weile her ist. In meinem Heimatland Kolumbien war ich aber bereits in verschiedenen Funktionen im Technologiesektor tätig und konnte so über 15 Jahre Branchenerfahrung sammeln. Ich habe für Regierungsstellen, wissenschaftliche Organisationen und verschiedene Unternehmen gearbeitet. Trotzdem hat mich die Forschung in einem industriellen Umfeld schon immer gereizt, und so habe ich mich während meiner Promotion für ein Sabbatical bei Bosch Research entschieden.
Wie bist du auf das Industry Sabbatical Programm von Bosch Research aufmerksam geworden?
Ich habe das Programm bei einer wissenschaftlichen Konferenz namens Extended Semantic Web Conference (ESWC) entdeckt, bei der ich ein Paper vorgestellt habe. Auch Bosch Research war dort vertreten. Mein Betreuer innerhalb des Programms bei Bosch, Evgeny Kharlamov, engagiert sich ebenfalls leidenschaftlich in der Semantic Web Community und war bei der Konferenz vor Ort. Über ihn bin ich auf das Industry Sabbatical Programm von Bosch Research aufmerksam geworden.
Bitte erkläre uns kurz das Konzept des Industry Sabbaticals bei Bosch.
Ein Industry Sabbatical ist ein freiwilliger Abschnitt während der Promotion, in dem die Forschenden ihre Arbeit an einer Universität vorübergehend pausieren, um sich auf ein bestimmtes Forschungsgebiet innerhalb eines Unternehmens zu konzentrieren. Das Programm kann dabei auf spezifische Bedürfnisse und Anforderungen der Promovierenden zugeschnitten werden.
Das Bosch Research Industry Sabbatical ist somit eine vielversprechende Karrierechance für Doktorandinnen und Doktoranden mit Interesse an der Industrie. Es ist ein Programm, dem meiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Bei Fragen zur Integration eines Sabbaticals in die Promotion und den sich daraus ergebenden Chancen stehen die universitären Betreuer sowie die Bosch Industry Sabbatical-Ansprechpartner und Projektleiter jederzeit zur Verfügung.
Welche Vorteile hat das Industry Sabbatical?
Es gibt mehrere wichtige Aspekte, die ich aus dem Industry Sabbatical mitgenommen habe:
Erstens sind die Vernetzungsmöglichkeiten bei Bosch Research von unschätzbarem Wert. Ich hatte beispielsweise die Gelegenheit, an einem EU-Projekt namens Data Cloud mitzuwirken. Dort konnte ich mit Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Fachbereichen in Kontakt treten. Dem Projektkonsortium gehören Mitarbeitende aus vielen Ländern der Europäischen Union, wie Frankreich, Spanien, Italien, Norwegen, Schweden und Portugal an. Durch das Industry Sabbatical erweitert sich der eigene Horizont. Es öffnet Türen und bietet Zukunftschancen, sei es in der Wissenschaft oder in der Industrie.
Zweitens konnte ich durch die Mitarbeit in der Abteilung für künstliche Intelligenz bei Bosch Research an den neuesten Erkenntnissen im Bereich KI teilhaben. Alle dort Forschenden arbeiten fortlaufend an den aktuellsten Entwicklungen in diesem Bereich. Darüber hinaus organisiert die Abteilung regelmäßige Workshops und Veranstaltungen und lädt hochkarätige Gastdozenten ein, die über ihre aktuelle Arbeit und ihre Erkenntnisse berichten. So bleibt man immer über die neuesten Entwicklungen in den Bereichen Forschung und Industrie auf dem Laufenden. Es ist ein einzigartiger Vorteil, Teil einer solchen Community zu sein, die sich aktiv bemüht, ihren Wissenshorizont erweitern.
Als mir die große Bandbreite innerhalb des Industry Sabbaticals klar wurde, war ich von der inhaltlichen Tiefe des wissenschaftlichen Ökosystems hier bei Bosch Research angenehm überrascht. Ich hatte nicht erwartet, dass ich so intensiv mit detaillierter, hochmoderner Forschung in Kontakt kommen würde – das hat die Erfahrung für mich so wertvoll gemacht.
Kannst du etwas über dein Forschungsgebiet erzählen und was du im Rahmen deiner Doktorarbeit untersuchst?
Mein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Zusammenführung von symbolischer KI und neuronaler KI, was allgemein als Neuro Symbolic AI bezeichnet wird. Dabei geht es darum, menschliches Wissen auf eine ganz bestimmte Weise darzustellen. So lassen sich einige Arten von Wissen, wie beispielsweise der gesunde Menschenverstand, durch Aussagen wie „Paris ist die Hauptstadt von Frankreich“ veranschaulichen. Solche Aussagen lassen sich als Dreiergruppe strukturieren, wobei „Paris“ als erste Einheit, „Hauptstadt von“ als die Verbindung und „Frankreich“ als die andere Einheit dargestellt wird. Wenn man dies auf alle Städte in Frankreich ausweitet, ergeben sich zahlreiche Verbindungen zu Frankreich, die mehrere Beziehungstypen repräsentieren. Dies führt dazu, dass Frankreich größere Bedeutung gewinnt, was wiederum durch einen sogenannten Wissensgraph dargestellt wird.
Dieses kontextbezogene Verständnis von Dingen, Prozessen oder Situationen lässt sich nicht nur auf traditionelle KI, sondern auch auf gängige KI-Modelle anwenden. Durch die Einbindung von Aussagen in verschiedene algorithmische Architekturen können wir eine KI dazu bringen Dinge zu spezifizieren oder zu generalisieren – je nach konkretem Anwendungsfall.
Was sind deine weiteren Pläne nach dem Industry Sabbatical?
Ich habe im Moment keine konkreten Pläne, aber ich möchte weiter in der angewandten Forschung arbeiten. Anfangs war ich mir über diesen Weg nicht ganz sicher, aber während meines Industry Sabbaticals hatte ich Gelegenheit, über meine Wünsche nachzudenken und sie mit meinen Karrierezielen in Einklang zu bringen. Ich habe festgestellt, dass dies für mich als angewandter Forscher genau der richtige Bereich ist. Obwohl ich das vorher schon geahnt hatte, hat mir der Kontext gefehlt, um das große Ganze zu verstehen.
Für mich war es eine unglaubliche Erfahrung, Teil dieser Branche zu sein und bei Bosch Research arbeiten zu können. Ich denke, dass dies ein toller Ort ist, um meinen Weg fortzusetzen.