E-Sport: mit MEMS auf der Rennstrecke
Warum der „Asphalt 9“-Weltmeister Florian Roschu gern mit Bosch-Sensoren fährt
Virtuelle Sportwagen und digitale Rennen sind die Welt von Florian Roschu. Er ist Weltmeister im Handy-Rennspiel „Asphalt 9“. Bei der Jagd nach Trophäen und Bestzeiten setzt der E-Sport-Profi auf eine spezielle Neigungssteuerung, die durch MEMS-Sensoren von Bosch überhaupt erst möglich ist.
Motoren dröhnen und Reifen quietschen, wenn die schicken Sportwagen im Handy-Rennspiel „Asphalt 9“ über die Straße jagen. Shanghai, Schottland, San Francisco – der Titel des französischen Entwicklerstudios Gameloft führt auf digitalen Rennkursen um die ganze Welt. Ebenso international ist auch die Community: Etwa 50 Millionen Spielerinnen und Spieler haben das Mobile Game bereits auf ihr Smartphone geladen. Die Besten liefern sich auf E-Sport-Turnieren packende Rennen um Preisgelder. Einer von ihnen ist Florian Roschu, sein Spielername lautet „oNio“. Der 29-Jährige lebt in der Nähe von Köln und fährt international ganz vorne mit. Vor wenigen Monaten holte er bei einer Teammeisterschaft von „Asphalt 9“ zusammen mit einem Fahrerkollegen den Weltmeistertitel. Kein Wunder, denn der digitale Rennsport liegt ihm im Blut. Sensoren von Bosch sorgen dafür, dass sein fahrerisches Talent auf die virtuelle Straße kommt.
Asphalt-9-Profi in vier Monaten
Florians Karriere als E-Sportler begann kurz vor dem Abitur. Im Jahr 2010 durfte er als passionierter Hobby-Gamer bei den World Cyber Games in Leipzig antreten und errang in einem Rennspiel den sechsten Platz. „Danach habe ich angefangen, knapp sechs Stunden täglich zu trainieren“, erzählt Florian beim Fotoshooting auf der Teststrecke des Bosch Entwicklungszentrums in Abstatt, Baden-Württemberg. Während seiner Studienzeit war er Mitglied in drei bekannten deutschen E-Sport-Teams und trat bei mehreren Turnieren an. Heute arbeitet Florian als Softwareentwickler, ist aber immer noch als Pro-Gamer tätig. Im Handy-Spiel „Asphalt 9“ startete er 2019 sein erstes Rennen. Bereits vier Monate später fuhr er bei einem Asphalt-9-Turnier in Mailand mit – und holte den achten Platz.
So fahren Pro-Gamer
Seitdem hat „oNio“ an zehn Turnieren des Handy-Rennspiels teilgenommen und jedes Mal die Finalrunde erreicht. Seine Erfolgsformel: „Zeit und Geduld. Man sollte sich intensiv mit der Spielmechanik befassen und die richtige Steuerung beherrschen.“ Davon stehen in dem Handy-Spiel drei zur Auswahl: Bei der ersten Steuerungsart kontrolliert das Spiel den Wagen; nur an bestimmten Stellen im Rennverlauf greift die Spielerin oder der Spieler ein. Bei der zweiten Steuerungsart wird die Fahrtrichtung des Wagens durch Fingertippen auf die linke oder rechte Bildschirmseite kontrolliert. „Nahezu alle Pro-Gamer wählen jedoch die dritte Steuerung“, sagt Florian. Dabei sind sämtliche Hilfsmittel abgeschaltet und der Wagen wird durch seitliche Kippbewegungen des Handys gesteuert. „Die Kippsteuerung ist schwieriger zu meistern als die anderen. Damit kann man jedoch präziser und weicher lenken“, erklärt Florian und startet ein Spiel, um das gleich mal zu demonstrieren. „Das bessere Fahrgefühl entscheidet am Ende mit, ob man es aufs Siegertreppchen schafft oder nicht.“
4 Mikrometer
messen manche Bestandteile im Inneren der kleinsten MEMS-Sensoren. Das ist zehn Mal weniger als ein Ameisenbein.
Strukturen, dünner als ein Haar
Damit diese Steuerung funktioniert, muss das Spiel erkennen können, in welche Richtung das Smartphone geneigt wird. Das geschieht über winzige Sensoren, sogenannte mikroelektromechanische Systeme – kurz MEMS. Bosch ist Weltmarktführer bei der Herstellung von MEMS und fertigt davon täglich mehr als vier Millionen Stück. Mittlerweile sind rund drei Viertel aller Smartphones mit solchen Sensoren ausgestattet, aber auch Airbag-Steuergeräte oder das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP®) in echten Fahrzeugen. MEMS sind nur wenige Millimeter groß und unterscheiden sich in ihrem Aufbau und ihren Aufgaben: Manche messen den Luftdruck oder die Beschleunigung, andere erkennen Gase oder registrieren die Rotationsgeschwindigkeit eines Objekts. Durch die Einwirkungen von äußeren Kräften auf feine Siliziumstrukturen in ihrem Inneren, die um ein Vielfaches dünner sind als ein menschliches Haar, nehmen die MEMS Zustandsänderungen wahr und leiten diese Information an eine Auswerteschaltung weiter, die man ASIC (application-specific integrated circuit) nennt. Von dort gelangen die elektrischen Signale in ein Steuergerät, das sie verarbeitet und bei Bedarf Airbags auslöst oder einzelne Räder an einem Fahrzeug abbremst.
MEMS liefern höchste Präzision
In Smartphones machen MEMS viele Dinge möglich. Beschleunigungssensoren beispielsweise sorgen dafür, dass die Bildschirmdarstellung automatisch vom Hoch- ins Querformat wechselt, sobald das Handy gedreht wird. Damit ein Rennwagen in „Asphalt 9“ geschmeidig durch eine Linkskurve fährt, wenn Florian sein Smartphone in diese Richtung neigt, ist eine sogenannte IMU (Inertial Measurement Unit) erforderlich. Die kompakte Messeinheit besteht aus einem Beschleunigungs- und einem Drehratensensor. Diese MEMS arbeiten mit extremer Präzision, tasten etwa die Drehrate des Smartphones 6 000 Mal pro Sekunde ab. Das bedeutet: Alle 0,16 Millisekunden wird ein neuer Messwert generiert. Dabei bleiben sie auch in heißen Rennen völlig cool und sorgen dafür, dass die Steuerung selbst bei großen Temperaturschwankungen der Hardware im Smartphone stets stabil bleibt.
6 000 Mal pro Sekunde
tasten MEMS-Sensoren die Drehrate eines Smartphones ab. Alle 0,16 Millisekunden wird ein neuer Messwert erstellt – und somit höchste Präzision erreicht.
Auf der Teststrecke in Abstatt ist Florian soeben mit seinem digitalen Sportwagen ins Ziel gefahren – natürlich als Erster. „Was mich an ‚Asphalt 9‘ am meisten fasziniert, ist der Nervenkitzel auf den Turnieren, die Jagd nach Zehntelsekunden und der Reiz, noch besser zu werden“, sagt der Pro-Gamer. Ohne die MEMS von Bosch könnte er seinen E-Sport nicht so ausüben, wie er es möchte. Denn das richtige Fahrgefühl – die unmittelbare Verbindung zwischen Fahrer und Wagen – wird erst durch die winzigen Sensoren hergestellt. Somit ermöglicht eines der kleinsten Produkte von Bosch große Emotionen – vom Rennstart bis zum Siegesjubel.
Florian Roschu, 29
E-Sport-Profi
Florian Roschu wuchs in der nordrhein-westfälischen Stadt Mönchengladbach auf und ging dort zur Schule. Er spielt Video- und Computerspiele seit seinem sechsten Lebensjahr und hat sich im Lauf der Zeit auf actionlastige Arcade-Rennspiele spezialisiert. Während seines Studiums war er Mitglied in drei bekannten deutschen E-Sport-Teams und errang unter seinem Spielernamen „oNio“ (abgeleitet vom englischen Wort „onion“ für Zwiebel) Siege auf verschiedenen Turnieren. 2011 wurde er Deutscher Meister und 2012 Vize-Weltmeister in einem Computerrennspiel. Seit drei Jahren spielt er das Mobile Game „Asphalt 9“ und fährt für einen australischen Rennclub auf E-Sport-Turnieren. Im Herbst 2021 gewann er zusammen mit einem Teamkollegen die Asphalt-9-Teamweltmeisterschaft für Android-Smartphones. Er lebt bei Köln und arbeitet als Softwareentwickler in einem Unternehmen.