Zum Hauptinhalt springen
Nachhaltigkeit

Kleine Stromnetze mit großer Wirkung

Microgrids machen die städtische Energieversorgung smart

New types of space

2050 werden rund zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben – das entspricht knapp sechs Milliarden Menschen. Den Energieverbrauch zu senken und die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern, sind deshalb zwei wichtige Bausteine, um die Stromversorgung in Ballungsräumen nachhaltig zu gestalten. Eine zukunftsfähige Möglichkeit dafür sind kleine dezentrale Energiemanagementsysteme: die sogenannten Microgrids.

Microgrid Infografik

Powerzwerge der Energieversorgung

Bereits heute entfallen drei Viertel des weltweiten Energieverbrauchs auf Städte, davon 40 Prozent allein auf Gebäude. Dieser Bedarf wird sich trotz des Ausbaus erneuerbarer Energien auch künftig nicht ausschließlich mit Wind- und Wasserkraft oder Solarenergie decken lassen. So stammt 2017 rund ein Viertel des weltweit erzeugten Stroms aus regenerativen Quellen. Es wird also auch künftig darauf ankommen, den Energieverbrauch von Städten dauerhaft zu reduzieren. Einen Beitrag dazu könnten Microgrids leisten. Die vergleichsweise kleinen, unabhängig gesteuerten Energiemanagementsysteme versorgen größere Gebäude mit Strom aus einer Reihe erneuerbarer Energiequellen. Dabei sind Microgrids nicht nur besonders umweltschonend, sondern auch zuverlässig. Da sie nicht an das Hauptstromnetz gekoppelt sind, können sie beispielsweise auch im Falle eines wetter- oder sicherheitsbedingten Stromausfalls Energie für Wohngebäude und kritische Einrichtungen liefern. Das Bosch DC Microgrid funktioniert zudem mit Gleich- statt mit Wechselstrom. Dadurch kann es gegenüber herkömmlichen Kraftwerken auf Basis von Gleichstrom bis zu zehn Prozent Energie einsparen und verbessert die Versorgungssicherheit.

Fit dank Microgrid

Den Energieverbrauch zu reduzieren und die Zuverlässigkeit der Stromversorgung zu verbessern – das war das Ziel eines Projekts, das Bosch 2017 in North Carolina umgesetzt hat. In einem örtlichen Fitnesszentrum sowie in Notunterkünften wurde ein mit Gleichstrom betriebenes Energiemanagementsystem installiert. Das Microgrid stellt über eine Photovoltaik-Anlage und die DC Gleichstromversorgung auf direktem Wege Strom für die Beleuchtung und die Belüftung der Einrichtung zur Verfügung. Ein Lithium-Ionen Speicher sichert zudem im Falle eines nächtlichen Ausfalls die Energieversorgung und macht das Gebäude so unabhängig von einem Diesel-Generator. Das neue System erhöht die Effizienz der Anlage um rund 13 Prozent und senkt so den jährlichen Energieverbrauch um mehr als 55 000 Kilowattstunden. Über die kommenden 25 Jahre entspricht das einer Kostenersparnis von rund 105 000 Euro.

Drei Fragen an …

1. Frau Ravula, Sie treiben die Verbreitung von smarten Stromnetzen in den USA voran. Wie können Microgrids zu einer nachhaltigen Energieversorgung in der Stadt von morgen beitragen?

Microgrids ermöglichen es, städtische Einrichtungen effizienter, intelligenter und zuverlässiger zu betreiben. Da sie unabhängig vom Hauptstromnetz sind, können sie auch während eines Stromausfalls die Energieversorgung sicherstellen. Gleichzeitig senken sie die Treibhausgasemissionen und tragen so dazu bei, die Klimaziele zu erreichen.

2. Für welche Anwendungen eignen sich Microgrids besonders?

Microgrids, die mit Gleichstrom betrieben werden, sind zum Beispiel in großen Gewerbebetrieben und Industrieanlagen einsetzbar. Dazu zählen neben Fertigungsanlagen und Logistikzentren auch große Bürokomplexe sowie Einzelhandelsfilialen. Für diese Einrichtungen sind unzuverlässige Stromnetze mit Geschäftseinbußen verbunden. Sie benötigen deshalb eine smarte, verlässliche und effiziente Energieversorgung.

3. Wie schätzen Sie das Potenzial von Microgrids in den kommenden fünf Jahren ein?

Wir erwarten, dass Microgrids weltweit schnell an Bedeutung gewinnen werden, weil sie Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen der Energieversorgung von morgen bieten: von alternden herkömmlichen Stromnetzen über globale Emissionsziele bis hin zu höheren Anforderungen an Effizienz und Zuverlässigkeit. Expertenprognosen zufolge sind Microgrids deshalb ein Wachstumsfeld mit einem Geschäftspotenzial in Milliardenhöhe.

Sharmila Ravula
Sharmila Ravula, CCO und VP Business Development Bosch Building Grid Technologies

Revival des Gleichstroms

Gleichstrom oder Wechselstrom: Ende des 19. Jahrhunderts stritten sich die US-amerikanischen Erfinder George Westinghouse und Thomas Edison darum, welches die geeignete Technik für die großflächige Stromversorgung sei. Der Wechselstrom setzte sich durch und ist heute die am häufigsten verwendete Variante der Energiezufuhr. Mehr als 100 Jahre später könnte der Gleichstrom allerdings ein Comeback erleben. Ein Grund dafür ist der hohe Bedarf an Gebrauchselektronik wie Computern, Smartphones und Fernsehern, deren Transistoren mit Gleichstrom laufen. Hinzu kommt: Die Hochspannungsübertragung von Gleichstrom ist effizienter als bei Wechselstrom. Ohne die zwischenzeitliche Umwandlung lassen sich nämlich Energieverluste vermeiden – das senkt die Betriebskosten und schont die Umwelt.

Fazit

Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur wird der Energiebedarf bis 2040 weltweit um rund 30 Prozent steigen. Mit Gleichstrom betriebene Microgrids können dazu beitragen, den Energieverbrauch in Städten zu reduzieren und gleichzeitig die Stromversorgung zuverlässiger zu gestalten.

Teile diese Seite auf