Mehr Kollaboration in der Industrie 4.0: Die Open Manufacturing Platform
Im Gespräch mit dem Executive Vice President, Cloud + AI bei Microsoft
03.09.2020
Wie können Unternehmen ihre industriellen Anwendungen einfacher digitalisieren und erweitern? Und wie machen sie das Beste aus ihren Datenschätzen? Scott Guthrie gibt Antworten auf zwei drängende Fragen.
Das Problem mit den Datensilos
Die Digitalisierung ist für Industrieunternehmen sowohl Chance als auch Herausforderung. Durch das Internet der Dinge (IoT) werden Geräte und Maschinen vernetzt – Unternehmen könnten somit mithilfe der Rechenleistung von Cloud-Computing alle relevanten Daten analysieren und damit Produkte und Lösungen optimieren oder neu entwickeln. Wenn firmeneigene Systeme und Datensätze in die Cloud überführt werden, gibt es allerdings oftmals Zugangsbeschränkungen. So entstehen Datensilos, die eine organisationsübergreifende Zusammenarbeit erschweren.
Eine Plattform für alle
Um dieses Problem zu lösen, gründeten Microsoft und die BMW Group Anfang 2019 die Initiative Open Manufacturing Platform (OMP). Diese Allianz soll es Industrieunternehmen erleichtern, miteinander zu kollaborieren. Wissen, Daten, neue Technologien – alles, was die Entwicklung von Innovationen voranbringt, kann einfacher geteilt werden. Zum OMP-Lenkungsausschuss zählen seit 2020 auch Bosch, der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen und die Brauerei Anheuser-Busch. OMP unterstützt andere Allianzen wie das Industriekonsortium OPC und das Netzwerk Plattform Industrie 4.0. So werden bereits vorhandene Industriestandards, Open-Source-Architekturen und Datenmodelle genutzt.
Scott Guthrie, Executive Vice President Cloud + AI bei Microsoft, betrachtet die Cloud sowie KI und IoT als Schlüsseltechnologien der Transformation: „Mithilfe von Cloud Computing können riesige Datenmengen analysiert und nutzbar gemacht werden. In Unternehmen lassen sich dadurch Abläufe optimieren und Industrieanlagen effizienter nutzen. Zudem wird die Sicherheit am Arbeitsplatz erhöht und die Produktivität entlang der Wertschöpfungskette gesteigert.“
Gemeinsam mehr erreichen
Das Besondere an der Open Manufacturing Platform ist ihr offener und gemeinschaftlicher Ansatz. Hersteller und Zulieferer unterschiedlicher Branchen können der Allianz beitreten und mit anderen Mitgliedern ihre Erfahrungen, Datenmodelle und Lösungen zur Industrie 4.0 teilen. „Fertigungsunternehmen können mit der Open Manufacturing Platform in großem Maßstab Innovationen vorantreiben”, sagt Guthrie. Die OMP soll es Unternehmen ermöglichen, das Potential ihrer Daten besser auszuschöpfen und Kunden schneller neue Produkte und Dienste zu bieten. So profitieren am Ende alle Mitglieder der Allianz.
Die große Frage zur Datenverarbeitung: Cloud oder Edge?
Ein Trend der Digitalisierung ist derzeit das Edge Computing. Dabei werden Daten nicht mehr über das Internet in die Cloud-Server übertragen, sondern direkt von Maschinen zu Endgeräten. Wortwörtlich am Rand („Edge“) des Netzwerks sozusagen. Unter IT-Experten herrscht aktuell eine Debatte darüber, ob die Edge-Technologie die Cloud künftig ablösen wird. Befürworter argumentieren, Edge sei sicherer und schneller bei der Verarbeitung von Echtzeitdaten. Guthrie plädiert für einen Mittelweg: „Kombiniert führen der Cloud- und Edge-Ansatz zum besten Ergebnis. In der Cloud können große Datenmengen verarbeitet werden, um beispielsweise eine KI zu trainieren. Und mit den Edge-Lösungen kann diese KI wiederrum direkt auf eine Maschine geladen und angewendet werden.“
IoT-Partnerschaft mit Zukunft
Bosch und Microsoft arbeiten bei der Open Manufacturing Platform nicht zum ersten Mal zusammen. Im vergangenen Jahr gingen die beiden Unternehmen eine strategische Partnerschaft zur industriellen Anwendung von Mixed Reality ein. Der Begriff bezeichnet die Vermischung der realen Welt mit künstlich am Computer erstellten Objekten, die über Headsets wie Microsoft HoloLens ins Sichtfeld des Nutzers eingeblendet werden. Bosch hat dazu die Common Augmented Reality Platform (CAP) entwickelt. Mit dieser Lösung lassen sich Mixed- und Augmented-Reality-Anwendungen für Schulungen und industrielle Arbeitsprozesse erstellen, beispielsweise für die Fernwartung.
Als eines der ersten Unternehmen testete Bosch Microsofts Mixed-Reality-Brille HoloLens 2 bereits vor dem Markstart, um sie mit CAP-Funktionen auszurüsten. “Durch unsere gemeinsamen ingenieurstechnischen Entwicklungen und die Werteorientierung unserer Unternehmen verbindet uns eine starke Partnerschaft“, sagt Guthrie über Bosch und Microsoft. Das industrielle Internet der Dinge werde in den kommenden Jahren immer wichtiger. Bosch bringt viel Erfahrung im Fertigungsbereich ein, so Guthrie, die Microsoft mit seinen Kompetenzen im Cloud- und Softwarebereich ergänzt: „Davon profitieren unsere gemeinsamen Kunden.“
Interview mit Scott Guthrie, Executive Vice President Cloud + AI bei Microsoft
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Im Fokus
Scott Guthrie, 45
Executive Vice President Cloud + AI bei Microsoft
Die OMP ermöglicht Fertigungsunternehmen eine einfache Kollaboration und damit eine raschere, effizientere und in größeren Maßstäben gedachte Markteinführung neuer Lösungen.
Als Executive Vice President Cloud + AI bei Microsoft ist Scott Guthrie verantwortlich für Plattformen für Künstliche Intelligenz sowie das Management der Computing-Systeme des Unternehmens (unter anderem Cloud und Edge, einschließlich Cloud-Infrastruktur und Server). Zuvor unterstützte Guthrie die Leitung von Microsoft Azure, der Cloud-Plattform von Microsoft. Seit seinem Eintritt in das Unternehmen im Jahr 1997 hat er wichtige Beiträge zu vielen Cloud-, Server- und Entwicklungstechnologien von Microsoft geleistet und war einer der Gründer des Softwareplattform-Projekts .NET. Sein Studium an der Duke University schloss Guthrie mit einem Bachelor-Abschluss in Informatik ab.
Fazit
Die Open Manufacturing Platform (OMP) ist eine Allianz aus Industrieunternehmen und erleichtert die Kollaboration. Wissen, Daten, neue Technologien – alles, was die Entwicklung von Innovationen voranbringt, kann durch die OMP einfacher geteilt werden. Scott Guthrie ist davon überzeugt, dass eine Kombination aus Cloud- und Edge-Computing für Unternehmen die größten Möglichkeiten bietet.