Von der Vermögensverwaltung zur Robert Bosch Stiftung
Eine Institution feiert ein Jahrhundert
„Neben der Linderung von allerhand Not“, so bestimmte Robert Bosch in den Richtlinien zur Vermögensverwaltung, „soll gefördert werden: Gesundheit, Erziehung, Bildung, Förderung Begabter, Völkerversöhnung und dergleichen.“ 1921 hatte er die Vermögensverwaltung Bosch GmbH gegründet. Damit sollte gewährleistet werden, dass Boschs gemeinnützige Bestrebungen auch nach seinem Tod weitergeführt würden. 1964 erhielt die Vermögensverwaltung - 1969 in Robert Bosch Stiftung GmbH umbenannt - eine neue Struktur, die ihre Unabhängigkeit für die Zukunft sicherte.
Für die Zukunft sichern
Die Zukunft seines Betriebs hatte Bosch schon seit Jahren beschäftigt. Sein einziger Sohn war unheilbar an Multipler Sklerose erkrankt und fiel somit als künftiger Erbe der Firma aus. Boschs unausgesprochen designierter Nachfolger, der Verkaufsleiter Gustav Klein, war 1917 bei einem Probeflug mit einem neuartigen Flugzeugtyp ums Leben gekommen, Bosch selbst zu dieser Zeit gesundheitlich stark angeschlagen.
Hatte Bosch sich in früheren Jahren noch vorstellen können, seine Firma zu verkaufen, wurde ihm nun das Weiterbestehen seines Unternehmens zur zentralen Frage und Aufgabe. Schon länger hatte Bosch überlegt, seine engsten und bewährten Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen. Auf diese Weise trügen diese dann die Mitverantwortung. Zudem hatten Gustav Klein und seine Kollegen Bosch immer wieder zu einer Kapitalbeteiligung gedrängt. Es war klar, dass dazu die bisherige Rechtsform des Personenunternehmens geändert werden musste.
Gründung und Auftrag
Beraten von seinem Freund und Rechtsanwalt Paul Scheuing wandelte Bosch im Dezember 1917 seine Firma in eine Aktiengesellschaft um, in der Boschs engste Mitarbeiter zu Teilhabern wurden. Diesen übertrug er 49 Prozent der Firmenanteile, Bosch selbst hielt 51 Prozent, von denen er zwei Prozentpunkte treuhänderisch Scheuing überließ.
Auch für Robert Boschs Privatvermögen musste eine Regelung gefunden werden: Sein Privatsekretär Hans Walz erarbeite zusammen mit Scheuing die Grundlagen für eine gemeinnützige Vermögensverwaltung. Bosch Anteile aus der AG sollten in die Vermögensverwaltung eingehen und dort über seinen Tod hinaus die Kapitalbasis für die gemeinnützigen Förderungen des Unternehmens bilden.
Nach der Gründung der Vermögensverwaltung GmbH am 9. März 1921 formulierte Bosch ihren Auftrag und Bestimmung: „Die Vermögensverwaltung Bosch GmbH […] ist von mir errichtet worden, um […] die Verwaltung meiner gesamten Vermögenswerte, meiner wirtschaftlichen und sozialen Unternehmungen […] auszuüben.“ Boschs gemeinnützige Tätigkeiten sollten hier einen festen Mittelpunkt und einen dauernden finanziellen Rückhalt finden. Zudem sollten seine Nachfolger das Unternehmen in seinem Sinne weiterführen. Ebenso sollte das Risiko ausgeschlossen werden, dass zerstrittene oder ungeeignete Erben dem Unternehmen schadeten.
Boschs Stiftungen und gemeinnützige Initiativen der nächsten Jahre waren so vielfältig, dass hier nur wenige Beispiele genannt werden können: der Bau des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart, Bau des Neckarkanals und die Förderung verschiedener Universitäten.
Die Verhältnisse ändern sich
Robert Boschs persönliche Verhältnisse hatten sich geändert und sein Testament musste daran angepasst werden. Nach dem Tod seines ersten Sohnes 1921 bescherte ihm 1928 eine zweite Ehe einen weiteren Sohn als möglichen Nachfolger im Unternehmen.
Testament und eine noch zu schaffende Unternehmensfassung sollten diesen neuen Umständen gerecht werden. Gleichzeitig war ein weiter Auslegungsspielraum nötig, um eine hohe Flexibilität und damit zukünftig erforderliche Anpassung an veränderte Verhältnisse zu ermöglichen. Über Jahre hinweg erarbeiteten Bosch und seine als Testamentsvollstrecker eingesetzten Gesellschafter ein Konstrukt für eine Unternehmensverfassung. Die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sollte darin gleichberechtigt neben gesellschaftlicher Verantwortung stehen. Drei Dokumente bildeten schließlich die Grundlage für zukünftiges Handeln: Testament, Richtlinien und Gesellschaftsvertrag.
Die Verantwortung dafür, dass das Unternehmen nach seinem Tod in seinem Sinne weitergeführt wurde, übertrug Bosch, der 1942 in seinem 81. Lebensjahr starb, seinen Testamentsvollstreckern.
1964 erfolgte nach langem Ringen um die Auslegung des Willens von Robert Bosch eine tiefgreifende Veränderung, die der Robert Bosch GmbH und der Vermögensverwaltung eine neue Struktur gab: wie es dem Willen Robert Boschs entsprach, wurden gemeinnützige und ökonomische Interessen gleichberechtigt in der neuen Verfassung verankert. Keiner der beiden Bereiche sollten den anderen beeinträchtigen oder steuern.
Die Erben Robert Boschs übertrugen, nicht ohne persönlichen Verzicht, ihre Geschäftsanteile an die Vermögensverwaltung GmbH. Im Gegenzug verzichtete die Vermögensverwaltung auf die Stimmrechte aus diesen Anteilen. Diese Stimmrechte wurden einer eigens dafür gegründeten Lenkungsgesellschaft, der heutigen Robert Bosch Industrie Treuhand KG, übertragen. Ihre Aufgabe ist es, gegenüber der Robert Bosch GmbH die Rechte der Eigentümer wahrzunehmen.
Die Vermögensverwaltung, die ihren Namen erst 1969 in Robert Bosch Stiftung GmbH änderte, hatte so eine solide, für die Zukunft tragfähige finanzielle Basis erhalten. Die dauerhafte Verknüpfung und die gleichberechtigte Balance zwischen wirtschaftlichen Erfordernissen und gemeinnützigem Handeln war gelungen.
Die Stiftung heute
Die Robert Bosch Stiftung hält inzwischen rund 94 Prozent der Kapitalanteile der Robert Bosch GmbH und finanziert sich aus den Dividenden, die sie daraus erhält. Die restlichen Anteile liegen weitgehend bei den Nachfahren Robert Boschs. Die vor einem Jahrhundert gegründete Vermögensgesellschaft hat sich zu einer der großen unternehmensverbundenen Stiftungen in Europa entwickelt. Im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit steht die Förderung in Bildung, Gesundheit und globalen Fragen – ganz im Sinne Robert Boschs.
Autorin: Angelika Merkle